Trotz des heftigen Podagraanfalles in der Nacht und trotz der zerrütteten Nerven begab sich Kistunow dennoch am Morgen ins Bureau und begann rechtzeitig den Empfang der Klienten der Bank. Er sah leidend und müde aus und sprach mit sterbender Stimme.
»Was wünschen Sie?« wandte er sich an eine Frau in einem vorsintflutlichen Mantel, die von hinten einem großen Mistkäfer sehr ähnlich sah.
»Ich bitte schön, Ew. Exzellenz«, begann die Frau, die Worte schnell herunterhaspelnd, »mein Mann, der Kollegienassessor Schtschukin, war fünf Monate krank, und während er noch, entschuldigen Sie, zu Hause lag und behandelt wurde, erhielt er ohne jeden Grund den Abschied, und als ich nach seinem Gehalt ging, Ew. Exzellenz, wurden ihm von dem Gehalt vierundzwanzig Rubel sechsunddreißig Kopeken abgezogen! Und wofür, wenn ich fragen darf? ›Er hat aus der Beamtenkasse Geld geliehen und die anderen Beamten haben sich für ihn verbürgt‹. Wie denn das? Wie konnte er das Geld ohne meine Zustimmung nehmen? Das ist garnicht möglich, Ew. Exzellenz. Was soll denn das bedeuten? Ich bin eine arme Frau, lebe vom Zimmervermieten … Ich bin schwach und schutzlos … Von allen erfahre ich nur Kränkungen und niemand sagt mir ein gutes Wort …«
Die Bittstellerin begann mit den Augen zu blinzeln und suchte in ihrem Mantel nach dem Taschentuch.
Kistunow nahm ihr Gesuch entgegen und las es.
»Ja, aber erlauben Sie«, sagte er achselzuckend, »ich verstehe hier nichts. Sie sind wohl, meine Gnädige, an die unrechte Stelle gekommen. Ihr Gesuch geht uns ja gar nichts an. Wenden Sie sich gefälligst an das Ressort. bei welchem ihr Gemahl angestellt war.«
»Nein, mein Herr, ich bin schon an fünf Stellen gewesen und nirgends hat man mein Gesuch überhaupt nur entgegennehmen wollen!« sagte Frau Schtschukina. »Ich hatte schon ganz den Kopf verloren, da schickte mich mein Schwiegersohn Boris Matwejitsch, Gott lohne es ihm, zu Ihnen. ›Wenden Sie sich nur an den Herrn Kistunow. Mama‹, sagte er mir, ›er hat eine einflußreiche Stellung und kann alles für Sie machen …‹ Helfen Sie mir, Ew. Exzellenz!«
»Wir können da nichts für Sie tun … Begreifen Sie doch: Ihr Mann war, so viel ich sehe, dem Medizinaldepartement des Kriegsministeriums unterstellt, während unser Institut völlig privater Natur ist, ein Handelsinstitut, eine Bank. Wie kann man denn das nicht begreifen!«
Kistunow zuckte noch einmal die Achseln und wandte sich zu einem Herrn mit geschwollener Backe in Militäruniform.
»Ew. Exzellenz!« rief weinerlich die Schtschukina, »daß mein Mann krank war, dafür habe ich ein ärztliches Zeugnis! Hier ist es, sehen Sie, bitte!«
»Sehr schön, ich glaube Ihnen ja,« sagte Kistunow gereizt, »aber, ich wiederhole es Ihnen, das geht uns nichts an. Unglaublich! Das ist einfach komisch! Weiß denn