: James Hawes
: Die kürzeste Geschichte Englands
: Ullstein
: 9783843724968
: 1
: CHF 11.10
:
: Regional- und Ländergeschichte
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit dem Bestseller Die kürzeste Geschichte Deutschlands hat James Hawes eine kühne Deutung der Deutschen vorgelegt. Jetzt widmet er sich seinen britischen Landsleuten - und folgert: England ist zweigeteilt, nicht erst seit dem Brexit. Auf der einen Seite der reiche, selbstzufriedene Süden, auf der andern der raue, ärmere Norden. Der Graben existiert schon seit Jahrhunderten, doch in den letzten Jahren hat sich die Kluft zwischen Konservativen und Liberalen gefährlich vertieft: Die eine Hälfte sehnt sich nach der vermeintlich glorreichen Vergangenheit des British Empire, die andere will Teil eines weltoffenen Europa bleiben. Für diese Gefahr gibt es laut Hawes nur eine Lösung: die Überwindung der Brüche und ein gemeinsamer Kampf um ein neues Großbritannien.

James Hawes, geboren 1960 in der englischen Grafschaft Wiltshire, ist passionierter Schriftsteller und Universitätsdozent für kreatives Schreiben in Oxford. Der promovierte Germanist verfasste zahlreiche Romane und Drehbücher, auf Deutsch liegen von ihm vor »Ein weißer Mercedes mit Heckflossen« und »Ranziges Aluminium«. Bei Propyläen erschien sein Bestseller »Die kürzeste Geschichte Deutschlands«. 

ENGLAND VOR DEN ENGLÄNDERN

Im Jahr 55 v. Chr. hatte man in Rom erst wenig von diesem geheimnisvollen Land jenseits von Europa gehört, das Menschen bewohnten, die die GriechenPretaniki oderBretaniki nannten. Es war vor allem als Quelle für Zinn, jenes lebenswichtige Metall, mit dem man aus Kupfer Messing oder Bronze gewinnen konnte, bekannt. Die phönizischen Kaufleute, die diesen lukrativen Handel dominierten, behielten ihre Geschäftsgeheimnisse jedoch für sich. Als Caesar nun aus dem soeben eroberten Gallien dort landete, wusste er zwar, dass die Briten mit den Galliern Handel trieben, dass dort Zinn gefunden werden konnte und der nächstgelegene Teil der InselKantion genannt wurde, doch das war es dann auch schon.

Obwohl Caesar von überallher Handelsleute zu sich rief, konnte er weder von ihnen erfahren, wie groß die Insel sei, noch, welche Völker sie bewohnten, noch, wie groß die Bevölkerungsdichte sei. Ebenso wenig erhielt er Auskunft über ihre Art, Krieg zu führen, oder über das Recht, nach dem sie lebten.

Julius Caesar,Der Gallische Krieg

Caesars Flotte überquerte den Ärmelkanal in einer einzigen Nacht, konnte dann jedoch keinen passenden Ankerplatz finden; seinem Landungsversuch bei Ebbsfleet wurde ein derart grimmiger Empfang bereitet, dass er nicht über den Strand hinauskam. Er versuchte es im folgenden Jahr erneut. Diesmal schaffte er es bis ins Tal der Themse, was ihm genügte, um zu verstehen, dass dieBritannici alles andere als ein vereintes Volk waren.

Der Südosten ist bereits 54 v. Chr. anders: kanalübergreifende belgische Kultur zur Zeit Caesars.

Im Landesinneren gab es eine alteingesessene Bevölkerung, während die Regionan der Küste (gemeint ist die Südostküste) erst kürzlich von plündernden Stämmen ausBelgien besiedelt worden war. Tatsächlich hatte vor Kurzem erst ein belgischer Stammesführer eine Art Oberherrschaft über Britannien für sich beansprucht. Heutige Archäologen stimmen darin überein, dass es im Südosten zu dieser Zeit bereits die charakteristischeAylesford-Swarling- und dieatrebatische Kultur gab, die beide mit der der belgischen Gallier eng verwandt waren.

Geologie, Geografie und Klima verbünden sich immerfort zugunsten des Südostens.

Caesar und seine Armee blieben nicht lange, doch die Elite Britanniens war gehörig beeindruckt. Etwa 30 Jahre später beschrieb der griechische Autor Strabo Britannien als quasirömischen Besitz, dessen Stammesführer ihre Opfer im Kapitol darboten. Im Jahr 43 n. Chr. entschied Kaiser Claudius, das Land sei nun endlich so weit, dass sich eine