: Marie Brunntaler
: Piz Palü Roman | Ein spannender Roman über dunkle Geheimnisse und familiäre Abgründe in den Schweizer Bergen
: Eisele eBooks
: 9783961611126
: 1
: CHF 9.90
:
: Historische Kriminalromane
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Grand Hotel in den Schweizer Bergen 'Großes Kino. Da hätte selbst Agatha Christie ihre Freude daran gefunden.' krimi-couch.de Auf dem Piz Palu? befindet sich das Grand Arnold seit Generationen in Familienbesitz. Auch im Jahr 1957 reisen illustre Gäste an, um die Sommerfrische in dem Schweizer Luxushotel zu genießen.  Von den verschlungenen Familienverha?ltnissen der Arnolds, der Missgunst und Eifersucht unter ihnen, ahnen sie nichts, die gelangweilten Witwen, Generaldirektoren samt Gattinnen, Bergfanatiker und Prominente wie der Filmstar O.W. Fischer, der seinem Ruhm entfliehen will, aber schnell wieder vom Rummel um seine Person eingeholt wird.  Erst als die Kinder des Hoteldirektors spurlos verschwinden und dann auch noch ein Mord geschieht, scheint der Wind um den Piz Palü immer eisiger zu wehen.  Kommissar Tschudi, Leiter der Mordkommission in Graubu?nden und gesundheitlich angeschlagen, u?bernimmt den Fall. Was er am Fuße des Piz Palu? ans Tageslicht bringt, erzählt von lange unterdrücktem Hass und schwärenden Familiengeheimnissen ...

MARIE BRUNNTALER wurde im Südschwarzwald geboren, studierte Biologie und arbeitete als Landschaftsplanerin in Heidelberg und Bonn, bevor sie ihrem Mann in die Schweiz folgte. Marie Brunntaler arbeitet als Landschaftstopografin im Berner Oberland. Eine Liebe von Bern ist ihr vierter Roman.

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Der Wagen des Grand Hotels wartete an der Station Bernina Diavolezza, wo der Zug aus St. Moritz geringfügig verspätet eintraf. Frau von Hoppe reiste in Begleitung. Bartolo seufzte über die insgesamt sechs Koffer. Zwei davon würde er auf dem Dach festschnallen müssen.

»Hilf mir damit«, sagte er zur Begleiterin Frau von Hoppes. Der Kleidung nach war sie ihre Zofe, vielleicht die Gesellschaftsdame, siebzehn, höchstens achtzehn Jahre alt. Bartolo öffnete den Wagenschlag.

»Das ist meine Nichte.« Frau von Hoppe nahm Platz.

Für einen Moment sprachlos, verharrte Bartolo in der Verbeugung. »Verzeihung, gnädiges Fräulein.«

»Trotzdem kann ich ihm helfen.« Sie nahm den schwersten Koffer und wuchtete ihn in den Fond.

Man hatte Bartolo schon mehrfach mit Kündigung gedroht, sollte er sich weiterhin Gästen gegenüber respektlos benehmen. Seine Entschuldigung lautete meistens, Direktheit sei die Natur der Rätoromanen. Im Übrigen war gutes Personal auf zweitausend Metern Höhe schwer zu finden, Bartolo hielt die Kündigung also für eine leere Drohung.

Frau von Hoppe verkroch sich tief in ihren Pelzkragen. »Hauptsache, wir fahren bald los. Ich friere mich hier zu Tode.«

Bartolo wollte den nächsten Koffer nehmen.

»Zu zweit?«, bot ihm das Fräulein an.

Während sie das Gepäckstück gemeinsam auf das Wagendach hievten, bemerkte er, dass sie hinkte.

»Komm endlich herein und mach die Tür zu«, rief Frau von Hoppe.

»Wenn es dir recht ist, sitze ich vorn.«

»Du und deine Extratouren.« Die gnädige Frau sank in den Sitz.

Beim Einsteigen streifte Bartolos Blick die Beine der Kleinen. »Hinten ist es aber wärmer.«

»Mir gefällt es hier besser.«

Ihr Mund war etwas zu breit, ihr Kinn ein wenig zu kurz. Ob ihre Augen grün oder grau waren, konnte Bartolo in der Kürze nicht feststellen. Er startete, der AlvisTC108 setzte sich in Bewegung. Bis zum Grand Hotel war es eine Fahrt von zwanzig Minuten.

»So einen habe ich noch nie gesehen«, sagte sie.

»Unser Alvis? Das einzige Auto der Welt, das in der Schweiz gebaut wird.«

»Ist das so etwas Besonderes?«

»Sie waren noch nicht oft in der Schweiz, Fräulein von Hoppe?«

»Ich bin hier geboren.« Sie zog den Mantel vor der Brust zu. »Ist das bei euch immer so kalt?«

»Warten Sie, bis wir oben sind. Hier unten ist es noch warm.« Sportlich nahm er die ersten Serpentinen.

Sie schaute hinaus, wo sich die Berge mit jedem gewonnenen Höhenmeter deutlicher abzeichneten. Als ob sie aus dem Himmel herausgemeißelt wären. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich irgendwann wieder hierherkomme.«

»Die meisten halten die Einsamkeit nicht lange aus.« Er schaltete einen Gang zurück. »Die, die bleiben, lernen, dass in der Höhe seltsame Dinge passieren. Vorzeichen und Omen, rastlose Geister.«

Sie musterte ihn von der Seite. »Nicht nur Hotelchauffeur, auch noch Alpenpoet?«

»Im Grand Hotel bin ich alles.«

»Alles?«

»