I
Is lùnis di Antoni Esulògu
Der Montag im Leben von Antoni Esulògu
Telévras, Juli 1969
Manchmal dachte er stundenlang über Unwichtiges nach. Über einen altbekannten Reim, ein Sprichwort, ein Wiegenlied oder einen Zungenbrecher. Seit Wochen beschäftigte ihn vor allem folgender: »Apu bittu s’oppài ’e Putzu scorrovèndu cussu fussu, a piccu, a panga e a trebùssu.« (Ich habe Putzus Kumpan gesehen, wie er mit Hacke, Spaten und Gabel einen Graben aushob.)
An sich kein Satz von Bedeutung, andererseits auch nicht unwichtig, weil der einzige Augenzeuge des Mordes an Bachisio Trudìnu genau diese Aussage in Form eines Bänkelliedes machte, wann immer der Maresciallo De Stefani ihn vernahm.
Antoni Esulògu, muss man dazu wissen, hatte die Wochentage nicht so parat. Bestenfalls einen, die anderen vergingen in einem Kreislauf der Zeit, und auch Samstag und Sonntag waren für ihn nichts Besonderes. Allein der Montag war für ihn, im Gegensatz zum Rest der Welt, ein Fest- und Fresstag.
Montags zog er sich fein an, ging mit seinem Proviant, zwei, drei noch warmen Stückencasu agédu, einem kalten gegrillten Schafsschenkel, ein paar Scheibenpistóccu und einem Liter Cannonau hinunter ins Dorf und setzte sich vor die Kirche.
Während alle anderen sich mit dem trostlosesten Tag der Woche herumschlugen, feierte er, wenn auch auf seine Weise.
Don Cossu, der Dorfpfarrer, gewöhnte sich langsam an den Anblick, der sich seit drei Wochen jeden Montag wiederholte. Am Anfang schimpfte er mit Antoni, aber als er sah, dass der andere ganz friedlich auf dem Kirchplatz unter dem uralten Feigenbaum saß und auch die alten Weiber beim Gang zur Morgenandacht nicht erschreckte, ließ er sogar Wasser in den Brunnen, der eigentlich nur zu Sankt Anton und anderen Festtagen im Juni in Betrieb war. So konnte Antoni dort seinepistóccu einweichen, die sonst gänzlich ungenießbar gewesen wären.
Er hatte auch versucht, ihm die Beichte abzunehmen, was Antoni aber offenbar dermaßen aufwühlte, dass er ihn von nun an von einem Fensterchen im niedrigen Kirchturm aus bespitzelte, das aussah wie eine Imitation. Von dort aus konnte man aber alles sehen, und Don Cossu nutzte es gern, um all jenen auf die Schliche zu kommen, die am Sonntag ihre Ehefrauen zur Elf-Uhr-Messe begleiteten, sich dann aber vor der Kirche zum Rauchen und Schwatzen versammelten.
»Te genti,te genti, dieses Volk, dieses Volk, dem geht es nur um den schönen Schein. Falsch wie die Nacht … auf geht’s, Matte’, bereite den Altar vor.«
Auch Matteo war etwas seltsam.
Im Alter von zwölf erfüllte er, hier aufgezählt nach ihrer Relevanz, folgende Aufgaben: Organist, Obermessdiener, er trug beim Gottesdienst die Lesungen vor, stimmte den Chor ein, zündete die Hundert-Lire-Kerzen an, läutete wegen seiner geringen Körpergröße die Glocken, sang bei den freudigen Mysterien die erste Stimme, bei den glorreichen die zweite, schwenkte bei Beerdigungen das Weihrauchfass, sang offiziell die Weihnachtsnovene und probierte von dem Muskatellerwein, den die Gläubigen der Kirche für die besonderen Festtage spendeten.
Mithin ein wahrer Profi der Sakramente, und dafür erhielt er Bücher, regelmäßige Mahlzeiten, Lateinunterricht, die Zusage, weiterhin auf Don Cossus Kosten die Schule besuchen zu dürfen, sowie monatlich fünftausend Lire, die er aber zu Hause bei seiner Mama abgab. Geld wurde dort immer gebraucht, und die Mama legte ganz bestimmt einen Teil davon für ein Studium zurück, vielleicht bei den Jesuiten, womit sie ihm seinen Traum erfüllt hätte