: Juan Carlos Onetti
: Jürgen Dormagen
: Niemandsland
: Suhrkamp
: 9783518767498
: 1
: CHF 18.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 250
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Niemandsland /EM> erzählt von einer lose verbundenen Clique mit sich überkreuzenden erotischen Beziehungen: ein Maler, ein Schriftsteller, ein Anwalt, ein linksrevolutionärer Gewerkschaftler, der Zuhälter Larsen, ein junges Mädchen, die Frau mit dem gelben Haar, eine Prostituierte - nicht das Gefüge der Handlung, sondern die kaleidoskopartige Erzählperspektive, mit der die Lebenswünsche und Lebenslügen all dieser Figuren im Geflecht ihrer Beziehungen dargestellt werden, macht die Intensität dieses frühen Werks Onettis aus.



<p>Juan Carlos Onetti (*1909 in Montevideo, Uruguay,†1994 in Madrid, Spanien) ist vielfach und zu Recht als einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftsteller bezeichnet worden. 1932 erschien im Rahmen eines Literaturwettbewerbs eine Erzählung von ihm in der argentinischen Tageszeitung<em>La Prensa.</em> Sein erster Roman,<em>El Pozo</em> (dt.<em>Der Schacht,</em> 1989), folgte 1939 in einer Auflage von 500 Exemplaren. Er veröffentlichte insgesamt elf Romane und zahlreiche Erzählungen sowie zwei Sammlungen von Artikeln, von denen die Mehrzahl ins Deutscheübersetzt wurde.</p><p>Bis 1975 lebte er abwechselnd in Buenos Aires und Montevideo, arbeitete unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuters, war lange Jahre als Direktor der städtischen Bibliotheken in Montevideo tätig und publizierte regelmäßig in verschiedenen uruguayischen Zeitschriften. Erst mit dem Roman<em> La vida breve</em>(1950, dt.<em>Das kurze Leben,</em>1978) erlangte er einen gewissen Bekanntheitsgrad, blieb aber noch viele Jahre lang eine Art»Geheimtipp« und erst in relativ hohem Alter wurden ihm Ruhm und Achtung zuteil. In<em>La vida breve</em> erschuf er den fiktiven Kosmos um die Stadt Santa María, der in vielen weiteren Romanen und Erzählungen auftauchen sollte.</p><p>W&a ml;hrend der Diktatur, die seit 1973 in Uruguay herrschte, wurde Onetti einige Monate lang in Haft gehalten. 1975 ging er mit seiner vierten Frau, der Geigerin Dorothea Muhr, ins Exil nach Madrid, wo er bis zu seinem Tod blieb und die Romane<em>Dejemos hablar al viento</em> (dt.<em>Lassen wir den Wind sprechen,</em> 1986),<em> Cuando entonces</em>(dt.<em gt;Magda,</em> 1989) und<em>Cuando ya no importe</em>(dt.<em& t; Wenn es nicht mehr wichtig ist,</em> 1996) veröffentlichte.</p&g ;<p>Der uruguayische Nationalpreis für Literatur wurde ihm gleich zweimal verliehen: 1962 und nach der Rückkehr der Demokratie noch einmal 1985. Außerdem erhielt er 1980 den wichtigsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt: den Cervantes-Preis.</p>< p>1994 erschien die erste Ausgabe der<em>Cuentos completos</em>(dt.<e >Willkommen, Bob.</em> Gesammelte Erzählungen, 1999) in Buenos Aires. Am 30. Mai desselben Jahres starb Juan Carlos Onetti 84-jährig in Madrid.</p><p>Fas alle großen Autoren Lateinamerikas erkennen Onettis Einfluss auf ihr eigenes Werk an, und von vielen wird er für den ...

I


Das Taxi bremste an der Ecke der Diagonal, und der Körper der Frau mit dem gelben Haar wurde zum Fahrer hin gestoßen. Der gesenkte Kopf starrte immer noch auf den blauen Brief, der ihre Schenkel trennte. ›Wir werden aufeinander zurückgeworfen wie ein Ball, ein Reflex…‹

Während sie seufzte ›wir werden aufeinander zurückgeworfen‹, kam überraschend die Geburt des großen roten Schriftzuges.

Ein Blutfleck: »Bristol.« Dann sogleich der bläuliche Himmel und ein weiterer Lichtstoß: »Importierte Zigaretten.« Wieder der Himmel. Im Kreuz der Straßen schlugen die riesigen Buchstaben auf die Flanke des ersten Wolkenkratzers, auf seinen Stufenturm. Bristol, die Luft, Zigaretten, kleine Wölkchen. Die roten Lichtstöße liefen über die verlassenen Dachterrassen und befleckten flüchtig das finstere Grau der Brüstungen.

Durch das schmutzige Fenster ließen sie das Lachen des Mannes auf dem Bild an der Wand erröten. Ein schnell geschlossener Fächer an den Wänden und ein dicker Balken quer über dem bereits erkalteten Griff der Pistole auf der Bettdecke.

Die Hand des schlafenden Mannes hing über dem Boden. Den Schatten und den vorbeihuschenden roten Worten entrückt, atmete der Mann langsam und geräuschvoll, eine Hand an der Gürtelschnalle, die rechte über den Dielen voller Flecken und Spucke.

Draußen, im gelben Licht des Flures, schob sich eine weitere Hand vor und legte sich um die Türklinke. Abgesperrt. Der dicke Mann zog gereizt die Finger ein und wartete. ›Er wird doch nicht auf die Idee gekommen sein…‹ Er klopfte mit den Fingerknöcheln an die Tür.

Aber das einzig Lebendige in dem kleinen Zimmer war das Flimmern des Lichtes an der Wand und der breite, rasche Streifen, der über das Bett glitt.

Er klopfte erneut, nu