: Un-Su Kim
: Die Plotter
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958902503
: 1
: CHF 8.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 220
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er zur Killer-Elite Koreas. Denn Old Raccoon ist ein Plotter. Als Kopf der Organisation 'Library of Dogs' hat er seit Jahrzehnten alle politisch gewollten Exekutionen in Korea geplant. Doch als die Macht der Diktatur schwindet, gerät auch der Einfluss der Plotter ins Wanken - und eine neue Generation beginnt, ihr eigenes tödliches Netzwerk aufzuziehen. Als Raeseng vom Plan der Plotter bei der Ausführung eines Auftrags abweicht, geraten die Dinge außer Kontrolle - und Raeseng rückt selbst an die erste Stelle der Todesliste ... Nach Han Kangs Sensationserfolg Die Vegetarierin macht mit Un-Su Kim ein weiterer koreanischer Bestsellerautor international Furore. In Korea gefeiert und mehrfach preisgekrönt, besticht Un-Su Kim in Die Plotter durch einzigartigen Stil und bemerkenswerte Beobachtungsgabe. Mit einfühlsam-sarkastischem Humor lässt er in seinem außergewöhnlichen Krimi noir den Beruf des Killers zum Handwerk werden. Ein faszinierendes Leseerlebnis, das alles zugleich ist: traumhaft und realistisch, hart und aufwühlend. Wie schon Old Raccoon sagte: 'Wenn du Bücher liest, wird dein Leben erfüllt sein von Ängsten und Scham' - und alles andere als langweilig.

Un-Su Kim, geboren 1972 in Busan, Korea, hat in seiner Heimat mehrere Literaturpreise gewonnen, darunter den renommierten Mumhakdongne Preis. Mit Die Plotter, seinem ersten Kriminalroman, ist ihm auf Anhieb ein Werk gelungen, das Zeichen setzt - nicht nur in Korea. Die internationale Krimiszene feiert ihn schon jetzt als den 'koreanischen Henning Mankell'.

ÜBER DIE GASTFREUNDSCHAFT


Der alte Mann kam heraus in den Garten.

Raeseng stellte das Zielfernrohr scharf und zog den Repetierhebel zurück. Die Patrone sprang mit lautem Klicken in die Kammer. Raeseng sah sich um. Abgesehen von den hohen Tannen, die sich in den Himmel reckten, rührte sich nichts. Kein Vogel flatterte auf, kein Insekt summte. Bei der Stille würde der Knall eines Schusses weit tragen. Was, wenn jemand ihn hörte und angelaufen käme? Er schob den Gedanken weg. Darüber brauchte er sich den Kopf nicht zu zerbrechen. Schüsse waren nichts Besonderes hier draußen. Die Leute würden annehmen, es seien Wilderer auf der Wildschweinjagd. Wer verschwendete schon seine Zeit damit, tief in den Wald zu stapfen, um einem einzelnen Schuss auf den Grund zu gehen? Raeseng betrachtete den Berg im Westen. Die Sonne stand eine Handbreit über dem Höhenkamm. Er hatte noch Zeit.

Der alte Mann begann, seine Blumen zu gießen. Manche bekamen einen großen Schluck Wasser, andere nur ein paar Tropfen. Es sah fast zeremoniell aus, wie er die Gießkanne neigte, als serviere er ihnen Tee. Ab und zu schienen die Schultern anzudeuten, dass er tanzte, dann wieder liebkoste er kurz eine Blüte. Er deutete auf eine Blume und lachte leise. Es sah aus, als unterhalte er sich mit ihr.

Raeseng justierte die Schärfe nach und betrachtete die Blume, mit der der alte Mann sprach. Sie kam ihm bekannt vor; er musste sie schon einmal gesehen haben, aber er wusste den Namen nicht mehr. Er versuchte, sich zu erinnern, welche Blumen im Oktober blühten – Cosmeen? Zinnien? Chrysanthemen? –, aber keiner dieser Namen passte zu der, die er vor sich hatte.

Warum konnte er sich nicht erinnern? Stirnrunzelnd durchforschte er sein Gedächtnis nach einem Namen, aber bald vertrieb er auch diese Gedanken aus seinem Kopf. Es war eine Blume. Was sollte daran wichtig sein?

Ein riesiger schwarzer Hund kam vom anderen Ende des Gartens herüberspaziert und rieb den Kopf am Oberschenkel des alten Mannes. Ein reinrassiger Mastiff. Ein Tier, wie Julius Cäsar es von seiner Eroberung Britanniens mitgebracht haben könnte. Ein Hund, mit dem die alten Römer Löwen gejagt und Wildpferde zusammengetrieben hatten. Der alte Mann tätschelte ihn, und der Hund strich ihm um die Bein