: Onjali Q. Raúf
: Die Nachtbushelden
: Atrium Verlag AG Zürich
: 9783037921746
: 1
: CHF 10.60
:
: Kinderbücher bis 11 Jahre
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ich heiße Hector - meine Eltern haben eine Schwäche für griechische Helden. Aber ich glaube, dass sie es bereuen, mir diesen Namen gegeben zu haben. Sie hätten mich lieber 'Katastrophe' oder 'Hoffnungsloser Fall' nennen sollen. Eigentlich habe ich mich damit abgefunden, dass ich immer nur Ärger bekomme. Aber seit ich dem Mann, der im Park wohnt, einen Streich gespielt habe, ignorieren mich alle nur noch. Dabei habe ich sogar versucht, es wiedergutzumachen! Noch nicht mal jetzt, wo ich einem Komplott gegen die Obdachlosen der Stadt auf die Schliche gekommen bin, hört mir jemand zu! Alle denken, dass ich nur ein Mobber bin. Aber ich werde ihnen beweisen, dass auch ich ein Held sein kann!

Onjali Q. Raúf ist Autorin, Journalistin und Gründerin der Menschenrechtsorganisation Making Herstory, die sich gegen Gewalt gegenüber Frauen auf der ganzen Welt einsetzt. Außerdem engagiert sie sich als ehrenamtliche Helferin für Flüchtlinge, wobei ihr die Idee zu ihrem Debütroman ?Der Junge aus der letzten Reihe? kam. Dieser eroberte binnen kürzester Zeit die britische Bestsellerliste und gewann gleich mehrere Preise, u. a. den Waterstones Children's Book Prize 2019 und den Blue Peter Book Award. Onjali Q. Raúf lebt in London.

1


Zwei Schlangen in der Suppe


»HECTOOOOOOOOORRRRRRRGGGGGR!HÖRSOFORTAUF

Ich erstarrte, die Hand über dem großen Kessel mit der leuchtend roten Tomatensuppe ausgestreckt. Es war ein ganz gewöhnlicher Topf Suppe, außer dass jetzt eine lange, leuchtend grüne Gummischlange darin schwamm.

»HECTOOOOORRR!ICHWARNEDICH

Langsam drehte ich mich um und blickte über die Schulter. Alle Mensa-Tanten in ihren leuchtend blauen Uniformen starrten mich an – mit offenen Mündern, wie Türen, die jemand zu schließen vergessen hatte. Keiner in der Mensa rührte sich. Außer Mr Lancaster. Sein Mund war ebenfalls weit aufgerissen und wurde immer größer. Ich wusste, dass er kurz davor war zu explodieren, weil sein Gesicht so pink angelaufen war wie ein Pavianpopo und seine Nase zu zucken begann.

»Wag es ja nicht!«, zischte er mit einem bösen Blick auf die zweite Gummischlange, die ich in der Hand hielt.

Ich sah auf die zweite Schlange hinab. Sie war rot. Fast genauso rot wie die blöde Suppe, die Mrs Baxter gekocht hatte.

Mir war klar, dass ich zwei Möglichkeiten hatte. Entweder ich warf die zweite Schlangenicht rein. Für die grüne Schlange würde ich trotzdem bestraft werden, aber vielleicht kam es dann nicht ganz so schlimm.

Oder ich warf die Schlange rein. Das würde Mr Lancaster noch wütender machen, als er jetzt schon war, und Mrs Baxterrichtig wütend. Aber das geschähe ihr gerade recht, weil sie die schlimmste Mensa-Tante war, die wir je gehabt hatten – ständig runzelte sie die Stirn, gab uns nur Miniportionen von den Sachen, die wir mochten, und schaufelte uns Riesenportionen von den Sachen, die wir nicht ausstehen konnten, auf die Teller. Es war höchste Zeit, dass ihr das jemand heimzahlte. Außerdem würde es Will und Katie, meine besten Freunde, zum Lachen bringen.

»ALSO?WASIST?«, sagte Mr Lancaster.

Den Blick auf Mr Lancaster gerichtet, grinste ich und ließ das Gummitier los. Ein Keuchen ging durch die Mensa, als die zweite Schlange mit einem Klatschen neben der ersten landete. Tomatensuppe flog durch die Gegend. Ein Klecks spritzte mit einemPITSCH auf Mrs Baxters Kopf. Ein zweiter Batzen traf mit einemPLATSCH die Wange einer anderen Mensa-Tante. Ein dritter landete mit einemPATSCHOFF auf Mr Lancasters zuckender Nase und ranntropf, tropf, tropf zu Boden.

»NUNGUT,JUNGERMANN!DASWAR’SDANN!KOMMMIT

So werde ich immer genannt, wenn die Leute richtig sauer werden – »junger Mann«. Als ob sie so wütend wären, dass sie sich nicht mehr an mei