: Niklas Luhmann
: Dirk Baecker
: Einführung in die Systemtheorie
: Carl-Auer Verlag
: 9783849782573
: Systemische Horizonte
: 9
: CHF 30.90
:
: Soziologische Theorien
: German
: 334
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Leser:innen, die den Anschluss an moderne Theorieentwicklung verpasst haben, werden behutsam und anspruchsvoll in die Theorie sozialer Systeme eingeführt und können den Theorieaufbau lektionsweise mitverfolgen.' Rechtsgeschichte, Zeitschrift des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte 'Niklas Luhmann zu lesen wird oft als anspruchsvoll und noch öfter als völlig unmöglich bezeichnet. Dieses Buch ist eine echte Ausnahme. Das Buch ist eine Fundgrube für einfache Ideen im Umgang mit schwierigen Fragen und bietet eine Menge von Konzepten, die es erlauben, Wahrnehmung, Beschreibung und Denken zu schulen.' Lernende Organisation 'Es ist ein Gewinn, dass Luhmanns Vorlesungen zu diesem Themengebiet, die bislang nur in Form von Tonbändern zugänglich waren, nun auch in Buchform vorliegen. Der Herausgeber, Dirk Baecker, hat einfühlsam darauf geachtet, dass Leser:innen der mündliche Sprachduktus erhalten geblieben ist. Es ist ein außergewöhnliches Arbeitsbuch, das interessierten Leser:innen Schritt für Schritt in das Theoriegebäude der neuen Systemtheorie einführt.' OrganisationsEntwicklung 'Eine Schule des Denkens.' Mannheimer Morgen Systemtheorie aus erster Hand Im Unterschied zu allen anderen Einführungen in die Systemtheorie führt hier der Urheber selbst in seine Theorie ein. Die Vorlesung zur Einführung in die Systemtheorie, die diesem Buch zugrunde liegt, zeigt Niklas Luhmann auf dem Höhepunkt seines souveränen Umgangs mit einer anspruchsvollen Theorie und der zu beschreibenden Gesellschaft. Die Einführung wird ihrem Namen auch insofern gerecht, als es Luhmann darum ging, seinem studentischen Publikum ein eigenes Arbeiten mit dieser Theorie zu ermöglichen. Sie ist deshalb eine Fundgrube für einfache Ideen im Umgang mit schwierigen Fragen und bietet eine Palette von Konzepten und Theoremen, die es erlauben, Wahrnehmung, Beschreibung und Denken zu schulen - sowohl für die Beobachtung von Politik und Wirtschaft, Religion und Wissenschaft, Kunst und Erziehung, Familie und Organisation als auch für die Einschätzung aktueller Fragen der Kognitionsforschung, ökologischer Probleme und sozialer Bewegungen. Das Buch klärt die wichtigsten Grundlagen der allgemeinen und der soziologischen Systemtheorie mithilfe präziser Begriffsvorschläge und einer Fülle von Beispielen. Darüber hinaus dokumentiert es, daß der Witz zu den wichtigsten Ressourcen ernsthafter Theoriearbeit gehört. Keiner von Luhmanns Texten ist so gut verständlich und nachvollziehbar wie dieser. Der Autor: Niklas Luhmann (1927-1998) zählt zu den bedeutendsten Soziologen des 20. Jahrhunderts und überraschte immer wieder auch durch Stellungnahmen zu zeittypischen Phänomenen. Von 1968 bis 1992 hatte er den Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Bielefeld inne.

Nikals Luhmann (1927-1998) zählt zu den bedeutendsten Soziologen des 20. Jahrhunderts und überraschte immer wieder auch durch Stellungnahmen zu zeittypischen Phänomenen. Von 1968 bis 1992 hatte er den Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Bielefeld inne.

II.Allgemeine Systemtheorie


1. Theorie offener Systeme


Dritte Vorlesung


In dieser Stunde beginne ich mit dem Versuch, einige Überlegungen zu einer allgemeinen Systemtheorie zusammenzustellen. Das Wort, der Begriff »allgemeine Systemtheorie« überzieht die Sachverhalte beträchtlich. Eigentlich gibt es eine solche allgemeine Systemtheorie nicht. Zwar wird in der soziologischen Literatur immer auf die Systemtheorie Bezug genommen, so als ob es sich um etwas handele, das im Singular vorhanden wäre, aber wenn man genauer zusieht und wenn man über die soziologische Literatur hinausgreift, wird es schwierig, einen entsprechenden Gegenstand, eine entsprechende Theorie zu finden. Es gibt mehrere allgemeine Systemtheorien. Es gibt Versuche, systemtheoretische Ansätze zu verallgemeinern, das heißt, die Schranken einer bestimmten Disziplin zu überschreiten, aber im Allgemeinen ist dann immer noch deutlich zu erkennen, in welcher Disziplin der Ausgangspunkt dieser Abstraktionen liegt. Im Allgemeinen gibt es auch beträchtliche Barrieren zwischen den verschiedenen Disziplinen oder den verschiedenen Theoriemodellen, die Verallgemeinerungen von einer bestimmten Ausgangslage her zu formulieren versuchen. Diese Situation ist vielleicht historisch bedingt. In den 50er-Jahren hat man versucht, eine allgemeine Systemtheorie zu formulieren. Die entsprechende Terminologie beginnt in dieser Zeit. Damals wurde eine Gesellschaft für »General Systems Research« gegründet.1 Es entstand ein »General Systems«-Jahrbuch als Fokus für Publikationen mit dieser Interessenrichtung. Und es gab die Idee, dass man von verschiedenen Ausgangspunkten her Gedanken zusammenbringen und kombinieren könnte, die dann eben so etwas wie eine allgemeine Systemtheorie produzieren sollen. Das war nicht ohne Erfolg. Aber es lohnt sich, zunächst einmal in die Quellen dieser Überlegungen zurückzugehen und die verschiedenen Ausgangspunkte zusammenzustellen, um dann zu sehen, wo jeweils der kritische Fokus, die Probleme einer solchen Generalisierung gelegen haben und weshalb man über eine bestimmte Schwelle systemtheoretischer Entwicklungen nicht hinausgekommen ist.

Meine Absicht ist es in dieser Stunde, zunächst einmal diese Entwicklung aufzuzeigen und ihre Grenzen zu markieren, um dann mit einem Neuansatz zu versuchen, einzelne Gesichtspunkte einer Art zweiten Generation, einer »second order cybernetics«, einer »Theorie beobachtender Systeme« und dergleichen zu formulieren.

Also zunächst einmal zu den Ausgangspunkten. Eine Entwicklung lag in der Metapher oder in Modellen, die mit dem Begriff des Gleichgewichts gearbeitet haben. Das hatte zunächst einmal insofern eine mathematische Grundlage, als man mit mathematischen Funktionen zu arbeiten versuchte, aber die Metaphorik ist auch unabhängig davon interessant und im Übrigen eine der ältesten Quellen des systemischen Denkens, längst in Gebrauch, bevor man das Wort »System« mit einer gewissen Prominenz versah, längst natürlich auch, bevor man von »Systemtheorie« im eigentlichen Sinne sprechen konnte. Ich weiß nicht genau, wann das angefangen hat, aber die Gleichgewichtsmetaphorik ist im 17. Jahrhundert in der Idee des »balance of trade« schon selbstverständlich in Gebrauch, motiviert gegen Ende des Jahrhunderts auch die Vorstellung eines internationalen, speziell eines europäischen Gleichgewichts der Nationen (oder politischer Faktoren) und findet darüber hinaus eine allgemeine und relativ unbestimmte Verwendung.

Wenn man auf diese Entwicklung zurückblickt, kann man sagen, sie ist durch eine Unterscheidung zu kennzeichnen, nämlich die Unterscheidung zwischen einem stabilen Zustand und einer Störung. Normalerweise wird der Akzent auf Stabilität gelegt. Man stellt sich ein Gleichgewich