: Marcello Fois
: Abschiede Kriminalroman
: Polar Verlag
: 9783945133989
: 1
: CHF 9.90
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 504
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Als Kommissar Striggio an den Fall des kleinen Michele gerät, der auf einem Rastplatz spurlos aus dem Auto der Eltern verschwunden ist, durchlebt er privat eine schwierige Phase. Leo, seine Liebe, will, dass er endlich aufhört, ihre Beziehung zu verheimlichen, vor allem gegenüber seinem Vater. Und der ist gerade mit dem Zug von Bologna auf dem Weg zu ihm, mit einer bestürzenden Nachricht im Gepäck. Das Verschwinden Micheles einem ganz 'speziellen' Jungen erweist sich als Sprengsatz, der schließlich alles zum Explodieren bringt. Liebe und Hass wieder ausbrechen lässt. Bruchstücke der Vergangenheit an die Oberfläche schleudert. Der neue Roman von Marcello Fois ist ein Noir, weißglühend und von höchster Spannung. Ständig splitternd, durchbrochen vom Leben. Eltern, Kinder, Geschwister, Kollegen und Geliebte: Alle haben Teil an einem Ge- heimnis, das wohl behütet ist, seine Lösung verbirgt, bis zu den Schlussakkorden, wenn Fois die Karten auf den Tisch legt und wieder einmal seine großartige universelle erzählerische Begabung unter Beweis stellt.

Marcello Fois, 1960 in Nuoro, Sardinien geboren, ist der vielfach preisgekrönte Verfasser zahlreicher Romane und Erzählungen. Er schrieb auch für Theater, Fernsehen und Kino. Bekannt wurde er vor allem durch seine gefeierte Krimi- reihe um den sardischen Anwalt und Dichter Avvocato Bustianu. Zusammen mit seinen Kollegen Carlo Lucarelli und Loriano Macchiavelli gründete Fois die Gruppo 13, eine Art Literaturkooperative von Autoren aus der Emilia-Romagna, Norditalien. Nach seiner Trilogie, der Familiensaga um die Chironi im tiefsten Sardinien, kehrt Fois endlich wieder zum Genre seiner Anfänge zurück, dem Noir, als dessen herausragender Vertreter er gilt, und wie er in 'Abschiede' erneut großartig darlegt, genreübergreifend eine der bedeutendsten Stimmen der italienischen Gegenwartsliteratur ist. Er lebt seit seinem Studium in Bologna.

Vor Jahrtausenden trug Gea den Namen Chtonie. Und lebte unter der Erde. Sie war ein Albino und ein schwieriges, unzugängliches Wesen, genau wie man sich Höhlenbewohner vorstellt, die noch nie das Sonnenlicht erblickt haben. Zeus war es, der sie aus den Tiefen hervorzog, in denen sie hauste. Was der Grund war, der den Gott der Götter dazu bewegt hatte, bleibt ein Rätsel. Chtonie war keine Schönheit: Sie war fett und weiß wie eine jener Larven, auf die die australischen Ureinwohner ganz versessen sind. Sie war halb blind und hatte einen fürchterlichen Charakter. Aber Zeus liebte die Herausforderungen. Und diese war mit Abstand die schwierigste. Zuallererst galt es, sie aufzuspüren, denn sie versteckte sich in den unzugänglichsten Klüften oder in den Tiefen der Höhlengänge am Meeresgrund. Wiederholt hatte Zeus versucht, sie hervorzulocken, war mit seiner Blitzhand, unter der sich die Erdkruste wie Gelatine teilte, längskantig in die Tiefe eingedrungen. Dann war er damit wie wild in allen Richtungen herumgefahren, ohne zu begreifen, was oder wen er da jeweils erwischt hatte. Es brauchte rund zweihundert Menschenjahre – was ungefähr zehn Minuten Götterzeit gleichkommt – und so manchen Misserfolg, bis er schließlich am Ziel war. Nach beharrlichem Suchen hielt Zeus bald schon den schlaffen Leib von Chtonie in der Hand. Er jubelte und achtete sorgsam darauf, die Faust nicht zu schließen, damit sie in den Windungen seiner glühenden Finger nicht erstickte.

Aus den Eingeweiden der Erde gehoben, schaute Chtonie sich um. Was sie sah, behagte ihr zwar nicht besonders, aber es missfiel ihr auch nicht. In der Hand des Gottes hatte sie ihre Blässe verloren, war dunkler geworden und zog eine finstere Miene. Womöglich hatte sie immer schon finster dreingeblickt, auch zuvor, als sie noch in den Eingeweiden der Erde gelebt hatte. Zeus jedenfalls fand, dass sie in dieser dunklen Version ganz und gar nicht übel sei. Nun gab es viel zu tun. Für den Anfang würde er es halten wie Rex Harrison inMy fair Lady, wenn er die noch ungeschliffene Audrey Hepburn den Satz: »Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühn« endlos wiederholen lässt.

In diesem lasterhaften Gott der Götter steckte eine gewisse Leidenschaft für diemissions impossible: In Schwanengestalt, in Form v