Gully, lass los
Im Hauptquartier der Muskeltiere in der Deichstraße, im Keller von Fröhlichs Feinkostgeschäft unter der Kellertreppe, schliefen alle friedlich. Alle? Nein, einer war schon wach. Und wunderte sich selbst darüber, warum er schon aufgewacht war.
Picandou setzte sich in seinem Bett auf und schnupperte. Ah! Der herrliche Duft von altem, italienischem Asiago-Käse zog durch das Hauptquartier. Davon war er aufgewacht. Der König der Käse! Der Käse der Könige! Picandou sprang aus dem Bett.
Auf die anderen Muskeltiere machte der Geruch wohl keinen Eindruck. Bertram, Pomme de Terre und Gruyère schliefen einfach weiter. Von Bertram ragte nur der Kopf aus seinem Schlafhäuschen, und sein leises Schnarchen ließ seine Barthaare zittern. Pomme hatte sich in seiner Fischdose zusammengerollt, während Gruyère lang ausgestreckt in ihrer Bett-Pappschachtel lag und im Schlaf mit den Krallen gegen das Fußende tippte.
Nun, dann würde er dieser Verlockung eben allein nachgehen, beschloss Picandou und hob die Nase, um zu erschnüffeln, welche Richtung er nehmen musste. Erstaunlicher Weise kam der Geruch nicht aus dem Feinkostgeschäft über ihnen. Picandou schnüffelte – und schnüffelte noch einmal. So seltsam es war, der Duft stieg aus der Kanalisation auf. Picandou machte sich sogleich auf den Weg.
Rattila, der Chef der Ratten-Mafia, war ungewöhnlich gut gelaunt. Es war aber auch ein zu perfekter Tag! Er spazierte mit Ratussi durch die Kanalisation, hielt ein Festmahl für sie beide in den Pfoten und hatte sich für diese besondere Gelegenheit frei genommen.
»Oh, Rattila«, seufzte Ratussi schwärmerisch und legte einen Arm um ihn. »Was für ein herrlicher Festschmaus! Das wird wie damals, als wir uns kennengelernt haben.«
»Für meine Herzdame ist mir nichts gut genug – schon gar nicht an unserem Hochzeitstag«, erwiderte Rattila und gratulierte sich still zu der perfekten Käse-Auswahl.
Er hätte es zwar vorgezogen, den Käse gleich hier unten zu verzehren, aber seine Herzdame wollte unbedingt an die frische Luft. Also spazierten sie bis zum nächsten Gully, und er schob den Käse durch eines der Löcher hinaus auf die Straße. Dann streckte er die Arme durch das Loch und zog sich hoch. »Und du bist sicher, dass du draußen sitzen willst?«, fragte er Ratussi, die sich gerade aus dem Loch neben seinem hochstemmte.
»Rattila, das ist doch romantisch.« Sie steckte noch halb im Gully und strahlte ihn an. »Hier hatten wir unser erstes Date.« Sie strich über den Gullydeckel. »Hach, immer wenn ich an so einem Kanaldeckel vorbeig