: Daniela Pollich, Marcus Stewen, Julia Erdmann, Maike Meyer, Corinna Mahle
: Horst Clages, Wolfgang Gatzke
: Sexuelle Gewalt gegen Frauen
: Verlag Deutsche Polizeiliteratur
: 9783801108588
: 1
: CHF 11.60
:
: Soziologie
: German
: 136
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Diese Buch befasst sich mit sexueller Gewalt durch strafmündige männliche Täter, die diese gegen weibliche Opfer ausüben. Nicht zuletzt infolge einzelner herausragender sexueller Gewalttaten sowie spezifischer deliktischer Phänomene, die insbesondere mit dem Zuzug von Flüchtlingen und Migranten in Verbindung gebracht werden, ist dieses Themenfeld in den allgemeinen gesellschaftlichen Fokus gerückt. Bei der Darstellung konzentrieren sich die Autoren ausschließlich auf Delikte, bei denen sich Täter und Opfer vor der Tat nicht oder nur flüchtig kannten. Den Schwerpunkt legen sie dabei auf Fälle sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Im Einzelnen behandeln sie: Thematische Eingrenzung und Definitionen, Erklärungsansätze für sexuelle Gewalt, Kriminalitätslage- und entwicklung, Phänomenologie, Polizeiliche Bearbeitung von Sexualdelikten, Polizeilicher Opferschutz sowie Präventionsansätze. Die komplexen wissenschaftlichen sowie polizeilichen Wissensbestände zum Thema zusammenzufassen und praxistauglich darzustellen, ist dabei das erklärte Ziel der Autoren. Kompakt vermitteln sie so den Akteuren der praktischen Kriminalitätskontrolle die erforderlichen Kenntnisse für einen sachgerechten polizeilichen Umgang mit diesem Kriminalitätsphänomen und geben gleichzeitig Studierenden im Bereich Polizeivollzugsdienst ein wertvolles Arbeitsmittel an die Hand.

Julia Erdmann Polizeihauptkommissarin Julia Erdmann M.A., Dozentin für Kriminologie und Kriminalistik an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Abteilung Duisburg - Außenstelle Mülheim an der Ruhr; 2002 bis 2005 Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst), 2010 bis 2012 Masterstudiengang 'Kriminologie und Polizeiwissenschaft' an der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Corinna Mahle Kriminaloberkommissarin Corinna Mahle M.Sc., Sachbearbeiterin Stabsdienststelle des Landeskriminalamts NRW; 2007 bis 2010 Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst), 2011 bis 2014 Masterstudiengang 'Forensic Psychology and Criminal Investigation' im Fernstudium an der University of Liverpool, UK. Maike Meyer Dr. Maike Meyer, Leiterin der Kriminalistisch-Kriminologisc en Forschungsstelle des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2011 Bachelorstudium der Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt Devianz an der Fachhochschule Münster, 2011 Akademiestudium Wissenschaftstheorie und quantitative Methoden empirischer Sozialforschung an der Fernuniversität Hagen, 2011 bis 2013 Masterstudium der Soziologie mit den Schwerpunkten Differenzierung, Ungleichheit und Lebenslauf sowie Methoden an der Universität Bielefeld, 2017 Promotion zur Dr. phil. an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Titel der Arbeit: 'Korruption in kommunalen Verwaltungen. Ein kriminologischer Beitrag zur Verwaltungswissenschaft'). ; Daniela Pollich Dr. Daniela Pollich, Professorin für Polizeiwissenschaften an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Abteilung Köln; 1999 bis 2004 Diplom-Studium der Soziologie mit den Schwerpunkten Strafrecht, Sozialpsychologie und empirische Sozialforschung an der KU Eichstätt und der Universität Trier, 2009 Promotion zur Dr. phil. an der Universität Bielefeld (Titel der Arbeit: 'Problembelastung und Gewalt - Eine soziologische Analyse des Handelns jugendlicher Intensivtäter'). Marcus Stewen Kriminalhauptkommissar Marcus Stewen, Verantwortlicher Fallanalytiker im Sachgebiet 31.5 (Operative Fallanalyse/ViCLAS) des Landeskriminalamtes NRW; 1992 bis 1995 Ausbildung zum Polizeimeister, 1999 bis 2001 Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW Köln (Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst), 2010 bis 2017 Ausbildung zum Verantwortlichen Fallanalytiker beim BKA und zum Geoprofiling Analyst am University College London, sowie bei der Politie Limburg, NL.

3Erklärungsansätze für sexuelle Gewalt


Die theoretischen Erklärungsansätze für sexuelle Gewalt gegen Frauen sind vielfältig. Im folgenden Abschnitt wird eine Übersicht über die wesentlichen Strömungenursächlicher Erklärungen von Sexualdelikten gegeben. Die Übersicht ist auf solche Ansätze begrenzt, die sexuelle Gewalt gegen erwachsene Personen zum Gegenstand haben. Die Darstellung von Risikofaktoren, also von Merkmalen und Eigenschaften, die zwar mit sexuellen Gewalthandlungen gemeinsam auftreten, diese aber noch nicht erklären, wird inAbschnitt 5 vorgenommen.

Aufgrund der Fülle von Ansätzen zur Erklärung sexueller Gewalt erhebt die folgende Darstellung nicht den Anspruch, umfassend zu sein. Auch die gewählte Art der Systematisierung erhebt keinen Anspruch auf Absolutheit.

3.1Evolutionstheoretische und biologische Ansätze


Aus Sicht derEvolutionstheorie, die „Vergewaltigung [als] ein Relikt unserer unzivilisierten Vorfahren“77 sieht, ist es ein Drang männlicher Lebewesen, sich so oft wie möglich zu reproduzieren, um das Fortbestehen des eigenen Erbgutes sicherzustellen. Um diese Chance möglichst zu erhöhen, sei es aus männlicher Sicht erstrebenswert, möglichst viele Nachkommen zu zeugen. Frauen, die naturgemäß weniger Nachkommen haben können als Männer, legen dagegen bei der Fortpflanzung größeren Wert auf die Auswahladäquater Partner. Durch diese widerstreitenden Interessen kann es den evolutionstheoretischen Ansätzen zufolge zu einer Mangelsituation für die Männer und in der Folge zu erzwungenen sexuellen Handlungen an Frauen kommen.78 In der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion sind derartige Ansätze allerdings in den Hintergrund getreten.

Daneben existierenbiologische Erklärungsansätze, welche die Ausübung (sexueller) Gewalt auf biologische bzw. körperliche Merkmale zurückführen. Derartige biologische Ursachen sexueller Übergriffe können beispielsweise ein erhöhter Testosteronspiegel oder Probleme im System der Neurotransmitter sein.79 Darüber hinaus werden in jüngster Zeit auch verstärkt genetische Faktoren sowie Aspekte der Gehirnentwicklung und Neurowissenschaften im Bereich der biologischen Theorien diskutiert.80 Nachweise kausaler, d.h. ursächlicher Zusammenhänge biologischer Faktoren und der Ausübung sexueller Gewalt sind allerdings, wie für alle Kriminalitätsphänomene, schwer zu erbringen und bislang wenig erhärtet bzw. Gegenstand aktueller Forschungsbemühungen.

3.2Psychologische Erklärungsansätze


Insgesamt sind bei den Erklärungen von Sexualdelinquenzpsychologische bzw. psychiatrische Ansätze deutlich in der Überzahl. Regelmäßig wird zur Erklärung sexueller Gewalt auf Zusammenhänge mit Persönlichkeitseigenschaften81 sowie mit einer allgemeinen Dissozialität oder „Krankhaftigkeit“ der Täter hingewiesen, beispielsweise in Form von Persönlichkeitsstörungen oder Psychopathie.82 Aufgrund der Vielschichtigkeit der in der Literatur angeführten möglichen psychologischen und psychiatrischen Hintergründe83 wird im Folgenden lediglich eine selektive Auswahl einiger oft zitierter psychologischer Erklärungsansätze wiedergegeben.

Eng in Zusammenha