: Katja Maybach
: Melodie der Erinnerung Roman
: dotbooks
: 9783966554299
: 1
: CHF 8.90
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 471
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Getrennt, und doch verbunden: der Familien-Schicksalsroman »Die Melodie der Erinnerung« von Katja Maybach jetzt als eBook bei dotbooks. In dieser Lebensgeschichte hallt das Echo ihrer eigenen Vergangenheit wider ... Die New-York-Times-Journalistin Kate Johnson stößt bei einer Reise nach Buenos Aires auf die Familiengeschichte des ehemaligen Freiheitskämpfers Carlos Campora. Sein Großvater hatte 1933 Berlin verlassen, um sein Glück in Argentinien zu suchen - auch wenn dies bedeutete, dass er seiner Geliebten Tatjana von Stetten das Herz brechen musste. Als Kate ein altes Foto von Tatjana und ihren bildschönen Schwestern findet, eröffnen sich plötzlich Parallelen zu ihrer eigenen Herkunft. Nur Carlos selbst kann die Lücken ihrer Familiengeschichte für sie füllen - und ihr das unglaubliche Schicksal enthüllen, das sie beide nach Amerika führte ... Jetzt als eBook kaufen und genießen: der bewegende Roman »Die Melodie der Erinnerung« von Katja Maybach. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Katja Maybach hat seit jeher zwei große Leidenschaften: das Schreiben und die Mode. Nach einer langen und bewegenden Karriere in der Modebranche, unter anderem in Paris, beschloss sie, ihre zweite Leidenschaft zum Beruf zu machen und begann, erfolgreich Romane zu schreiben. Sie hat zwei erwachsene Kinder und lebt heute in München. Die Website der Autorin: katja-maybach.de Die Autorin im Internet: facebook.com/katja.maybach Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre Familiengeheimnisromane »Melodie der Erinnerung«, »Die Stunde der Schwestern«, »Das Haus unter den Zypressen«, »Der Duft von Rosenöl und Minze«, »Eine Nacht im November«, »Die Nacht der Frauen«, »Das Haus ihrer Kindheit« und »Ein Morgen in Paris«.

Kapitel 1
Argentinien, 1982


Stundenlang fahren wir die endlosen einsamen Straßen entlang, bis wir die Fähigkeit verlieren, die Zeit zu spüren oder die Landschaft wahrzunehmen.

Erst kurz vor Buenos Aires habe ich die Kraft, mich aus meiner Lethargie zu lösen. Ich wende meinen Kopf und werfe einen verstohlenen Blick auf Carlos. Er sitzt aufrecht da, seine Hände zwischen die Oberschenkel gepresst. Mit angespanntem Gesicht starrt er durch das Fenster. Nimmt er Abschied von seinem Land, seiner Heimat? In ein paar Stunden werde ich mit ihm Argentinien verlassen. Erkennt er das Ausmaß seines Verlustes?

Sein Gesicht ist aufmerksam, wach, misstrauisch, ohne die geringsten Anzeichen von Müdigkeit. Wird er jemals die sechs Jahre im Gefängnis vergessen können, wird er irgendwann das Gefühl von Freiheit neu empfinden?

Ich beobachte ihn, sein blasses Gesicht, in das sich Entbehrung und durchlittene Qualen tief eingegraben haben, ich sehe den kahlgeschorenen Kopf, seinen mageren, ausgemergelten Körper.

Ich kenne seine ganze Lebensgeschichte. Carlos war als Kind schon der verträumte Einzelgänger, zu verschlossen, um Freundschaften zu schließen. Höflich hatte ich seiner Mutter zugehört und mir Fotos von ihm angesehen: Carlos als Zweijähriger auf dem Arm seines Vaters, Carlos am ersten Schultag, Carlos als Student in Yale. Erst allmählich wuchs mein Interesse an seinem Schicksal, ich begann, mich in Gedanken mit ihm zu beschäftigen. Was ging in ihm vor, als er sich nach seiner Rückkehr von der Universität einer Gruppe von Regimegegnern anschloss? Carlos, ein schüchterner junger Mann, elitär erzogen und aufgewachsen, einer, dem ein Dasein in Glück und Reichtum bestimmt schien, setzte sein Leben ein, um den aussichtslosen Kampf gegen Ungerechtigkeit und Gewalt zu führen.

Gegen General Rafael Videla, der 1976 durch einen Militärputsch an die Macht kam. Tausende von Regimegegnern wurden hingerichtet, Zehntausende inhaftiert. Dreißigtausend Menschen verschwanden in Gefängnissen und Straflagern. Man nennt sie die Desaparecidos, die Verschwundenen.

Als freie Journalistin der »New York Times« kam ich vor einem Jahr nach Buenos Aires, um mich mit einer der Mütter der Plaza de Mayo zu treffen. Jahr für Jahr, am 30. April, prangern sie auf dem Platz vor dem Regierungsgebäude das Unrecht an, das ihre Familien auseinanderriss und ihnen die Söhne und Töchter nahm. Jahr für Jahr fordern sie Aufklärung über das Schicksal ihrer Kinder und die Bestrafung der Schuldigen.

Zum ersten Mal hörte ich von den Müttern der Plaza de Mayo, als ich die Witwe eines Onkels in Deutschland besuchte. Ich sollte einen Bericht über die schönsten deutschen Städte schreiben, und die Idee, Kontakt zu ihr aufzunehmen, kam mir, als ich auf der Fifth Avenue in einem Geschäft ein zart geblümtes Teeservice aus der deutschen Porzellanmanufaktur von Stetten entdeckte. Das Firmenlogo: zwei kleine hellblaue Rehe auf der Unterseite jedes Teils. Erst da fiel mir ein, dass mein Onkel mit der Inhaberin dieser Firma verheiratet gewesen war. Ich hatte Robert nicht besonders gut gekannt, ich wusste nur, er hat als Anwalt in München gearbeitet. In Erinnerung war mir geblieben, dass er mir auf der Hochzeit einer Cousine erzählte, seine Frau sei zur Unternehmerin des Jahres 1978 gewählt worden.

Ich wurde neugierig auf Anna von Stetten und wollte unbedingt meine Reise durch Deutschland mit einem Besuch bei ihr verbinden. Sie lud mich in ihre Villa am Starnberger See ein, und ich war beeindruckt von dieser Frau, die mein Onkel in einem Tangokurs kennengelernt hatte. Wir mochten uns sofort, doch ich war auf der Durchreise und hatte nur zwei Stunden Zeit. Anna zeigte mir ein Foto und bat mich um Unterstützung für ihren Neffen Carlos, einen der Desaparecidos. Vielleicht, meinte sie, könnte ich als amerikanische Journalistin etwas für ihn tun? Ich war wie elektrisiert. Sofort witterte ich die Story, die Chance, wie man sie nur einmal im Leben bekommt. Einem solchen Moment hatte ich jahrelang entgegengefiebert. Ich hatte Journalismus studiert, um Missstände aufzudeck