Kapitel 1
Olivia
Es sind genau zweiunddreißig Stufen bis nach unten ins Erdgeschoss. Auf jeder einzelnen verweile ich einen kurzen Moment, bis ich meinem Schicksal doch nicht länger entgehen kann.
Der Geruch von Eiern mit gebratenem Speck liegt in der Luft. Eine leicht süßliche Note mischt sich darunter. Pancakes oder Waffeln. Das Dröhnen des Entsafters ist zu hören.
»Guten Morgen, Rosalia.« Erleichtert atme ich auf, als ich unsere Haushälterin – und damit die gute Seele des Hauses – in der Küche erblicke. Von meinen Eltern fehlt zum Glück jede Spur.
»Guten Morgen, Olivia. Hast du gut geschlafen?« Trotz der vielen Jahre, die Rosalia nun schon in den USA lebt, hört man noch immer ihren mexikanischen Akzent.
Ihre Stimme ist weich und vertraut. Ich fühle mich von ihrem Klang warm ummantelt und gebe mich einen Augenblick zu lange der Vorstellung hin, alles könnte doch noch gut werden.
»Wie ein Stein«, lüge ich. Kaum dass die Worte meinen Mund verlassen haben, möchte ich sie auch schon wieder zurücknehmen. Es gibt keinen Grund, Rosalia anzulügen. Sie kennt die Abläufe und einstudierten Floskeln, die uns nach außen wie die perfek