: Peter-Rene Becker
: Wie Tiere hämmern, bohren, streichen Werkzeuggebrauch und Bandbreite der Kultur bei Tier und Mensch
: S.Hirzel Verlag
: 9783777628516
: 2
: CHF 20.00
:
: Naturwissenschaft
: German
: 200
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Schießende Fische und angelnde Insekten: Verblüffende kulturelle Leistungen im Tierreich Von Insekten über Fische und Vögel bis zu Primaten: Im Tierreich ist der Gebrauch von Werkzeugen erstaunlich verbreitet. Die Annahme, Werkzeuge und Bewusstsein würden uns als Menschen auszeichnen, ist ein Irrtum. Doch wo beginnt Kultur? Der Biologe Peter-René Becker hat zahlreiche Forschungen ausgewertet und führt viele Beispiele für den Einsatz von Hammer und Amboss, Lanzen, Ködern oder Schwämmen an. Auch der »soziale Werkzeuggebrauch« ist unter Tieren zu finden. Letztlich unterscheidet den Menschen von den übrigen Tieren nur die Tiefe seines Bewusstseins.  &nbs ; 

Peter-René Becker (* 1949 in Kiel) ist ein deutscher Biologe und Ethologe. Er studierte von 1968 bis 1980 Biologie und Völkerkunde an der Universität Göttingen und wurde 1980 dort mit der Arbeit 'Der Einfluss von Erfahrung auf die Auslösung der Eindringreaktion bei einigen afrikanischen maulbrütenden Buntbarschen' (Cichlidae) promoviert. Becker war ab Oktober 1997 Leiter des Bereichs Naturkunde des Überseemuseums Bremen. Er betreut die naturkundliche Sammlung mit über einer Million Sammlungsstücken und arbeitet an den naturwissenschaftlichen Teilen der Ausstellungen im Museum mit. Zum 1. Oktober 2011 übernahm Becker die Leitung des Landesmuseums für Natur und Mensch in Oldenburg.

Und so funktioniert der Amboss


Wie wir bei manchen hämmernden Tierarten gesehen haben, braucht der Hammer oft als Widerlager einen Amboss: einen flachen Stein, einen Fels, Baumstumpf oder Ast. Insofern sind diese hämmernden Tiere dann automatisch auch Ambossnutzer.

Schlägt ein Tier ein zu öffnendes Objekt allerdings direkt mit Schnabel oder Pfote gegen einen harten Gegenstand, so nutzt es auch ohne Hammer einen Amboss. Der Amboss ist demnach im Gegensatz zum Hammer kein aktives, sondern ein passives Verformungswerkzeug: Auf ihm wird etwas zerschlagen. Auch hier gibt es neben der echten eine Quasiverwendung, wenn nämlich das zu öffnende Objekt vor dem Aufprall von dem Tier losgelassen wird und im freien Fall auf das harte Substrat trifft. Die Quasi-Amboss-Methode ist für ein hungriges Tier natürlich risikoreicher, verliert es doch im entscheidenden Augenblick – dem Aufsprengen – die Kontrolle über die Beute, die nach dem Aufprall unvorhersehbar wegspringen und/oder von einem anderen Tier weggeschnappt werden kann.

Einmal Amboss, klassisch


Ambossnutzung finden wir schon bei Rifffischen; hierzu liegen Beobachtungen sowohl aus Eilat am Roten Meer als auch vom australischen Great Barrier Reef vor. Hans Fricke konnte in Israel Vertreter von dreiLippfisch-Arten dabei filmen, wie sie Seeigel an Riffgestein zerschlugen: Dreilappen-Lippfisch (Cheilinus trilobatus), Besenschwanz-Lippfisch (C. lunulatus) und Clown-Lippfisch (Coris aygula). Die Fische stoßen die Seeigel zunächst um, packen sie dann an der Mundseite und schwimmen zu einem Stein oder Felsen in ihrem Revier, wo sie den Seeigel mit kurzen, heftigen Kopfbewegungen zerschlagen. Dass es Muscheln ähnlich ergehen kann, fotografierte der Wissenschaftstaucher Scott Gardner: Im Großen Barriereriff nahm ein Schwarzfleck-Lippfisch (Choerodon schoenleinii) eine Herzmuschel ins Maul und schlug sie solange gegen einen Fels, bis sie zersprang. Eine größere Ansammlung zerschlagener Muschelschalen verriet, dass dieses Amboss-Verhalten keine Ausnahme war.

Im Aquarium hatte Lukasz Pasko schon 2010 einen Hardwicks Lippfisch (Thalassoma hardwicke) beobachtet, wie er ein großes, hartes Stück Futter gegen einen Fels schlug, bis es in maulgroße Stücke zersprang. Interessant ist, dass alle bislang beobachteten Ambossnutzer zur Familie der Lippfische gehören; sie gelten als besonders erfindungsreich beim Erbeuten von Seeigeln, ihrer bevorzugten Nahrung. So konnte