: Christian Kreiß, Heinz Siebenbrock
: Blenden Wuchern Lamentieren Wie die Betriebswirtschaftslehre zur Verrohung der Gesellschaft beiträgt
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958902770
: 1
: CHF 15,90
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: Gesellschaft
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Weltbild der Betriebswirtschaftslehre - das gilt bedingt in gewissem Maß auch für die Volkswirtschaftslehre - lässt sich in einer Kernaussage zusammenfassen: Gewinnmaximierung. Sie gilt als höchstes Ziel auf Erden, praktisch das gesamte Lehrgebäude baut auf diesem Prinzip auf. Produktionsprozesse, Einkauf, Marketing, Personalwesen, Management, Rechtsform, Investition, Finanzierung, Besteuerung - alle Teilbereiche der Betriebswirtschaftslehre werden dem untergeordnet. Manchmal wird diese axiomatische Grundbedingung subtiler benannt: Economic Value Added (EVA), wertorientierte Unternehmensführung, Shareholder Value, Return on Capital, aber das Ziel ist immer dasselbe: Gewinne bzw. Renditen zu maximieren. Christian Kreiß und Heinz Siebenbrock schildern in 'Blenden, Wuchern, Lamentieren', welch gravierende Auswirkungen dieses Prinzip der Gewinnmaximierung auf die verschiedensten Bereiche unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens hat. Es fördert Konkurrenzdenken und egoistisches Verhalten und führt zu Umweltzerstörung, Sozialabbau und einer zunehmenden Verrohung der Gesellschaft. Doch die Autoren zeigen auch ermutigende Alternativen, wie jeder Einzelne dazu beitragen kann, die Probleme des menschenverachtenden Prinzips der Gewinnmaximierung zu überwinden und es durch menschengerechte Ziele zu ersetzen. Ein Umdenken ist möglich!

Prof. Dr. Christian Kreiß, geb. 1962, Studium und Promotion in Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte, arbeitete neun Jahre als Bankier, davon sieben Jahre als Investmentbanker. Seit 2002 unterrichtet er als Professor an der Hochschule Aalen Finanzierung und Volkswirtschaftslehre. Christian Kreiß veröffentlichte bisher vier Bücher und zahlreiche Artikel, u.a. im 'Spiegel', in der 'Süddeutschen Zeitung', der 'FAZ' und der Welt. Er hält Vorträge und tritt auch im Deutschen Bundestag als unabhängiger Experte auf. Prof. Dr. Heinz Siebenbrock, geb. 1960, studierte BWL an der Universität Münster, war Assistent am Lehrstuhl für BWL sowie als Vorstandsassistent, Geschäftsführer und Mitglied der Geschäftsführung in verschiedenen Unternehmen tätig. Seit 2000 lehrt er an der Hochschule Bochum Allgemeine Betriebswirtschaftslehre sowie die Fächer Unternehmensorganisation und Führungslehre. Außerdem leitet er Praxisseminare auf den Gebieten Training, Coaching und Beratung, hält Vorträge und ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen mit Schwerpunkt BWL.

Die betriebswirtschaftliche Kernaussage und ihre Denk- und Handlungsfolgen


Das Gewinnstreben, besonders die Gewinnmaximierung, führt zu einer einseitigen Erfolgsermittlung, die den Beitrag des Eigenkapitals aufwertet, während gleichzeitig die Beiträge aller anderen Stakeholder abgewertet werden: Der Aufwand für Materialien, Investitionsgüter, Zinsen, Steuern sowie für Lohn und Gehalt wird so niedrig gehalten, dass sich ein möglichst hoher Gewinn ergibt.

Vom Lieferanten werden eine herausragende Qualität und eine pünktliche Lieferung verlangt; im Gegenzug wird so wenig und so spät wie möglich gezahlt mit dem Hinweis, dass er weitere Anstrengungen unternehmen müsse, um die derzeitigen Preise zu rechtfertigen. Diese weit verbreitete Drohkulisse ist Ausdruck von Geringschätzung.

Diese Drohgebärden sind auch im Umgang mit den Mitarbeitern zu beobachten: Trotz des realen Kaufkraftverlustes und nach wie vor steigender Pro-Kopf-Leistung erscheinen vielen Unternehmen die Löhne und Gehälter zu hoch. Die Botschaft »Mehr Leistung für weniger Lohn« ist an Zynismus und damit an Geringschätzung kaum zu übertreffen.

Selbst vor dem Staat machen einige große Unternehmen keinen Halt. Mit Gewinnverlagerungen in Steueroasen zeigen sie dem Staat, wie wenig sie von ihm und wie wenig sie mithin von der Gesellschaft halten.

Gewinn wird erzielt, wenn die Umsätze (bzw. Erlöse) den damit verbundenen Aufwand übertreffen. Ganz grob lässt sich die dem externen Rechnungswesen zuzurechnende Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) wie folgt beschreiben:

Umsatz(erlöse)

– Materialaufwand

– Personalaufwand

– Abschreibungen
(offiziell:AufwendungenfürAbnutzung [AfA])

– Zinsen

– Steuern

=Gewinn

Wer den Gewinn erhöhen will, muss entweder den Umsatz erhöhen oder Aufwandspositionen mindern, indem er den Lieferanten (Materialaufwand und AfA), den Mitarbeitern (Personalaufwand), den Banken (Zinsen) oder der Allgemeinheit (Steuern) weniger zahlt.

Wohl fast überall auf der Welt steht der Gewinn einzig dem Inhaber des jeweiligen Unternehmens zu. Damit stellt er sich zwangsläufig gegen all diejenigen Anspruchsgruppen, die ihm Aufwand in Rechnung stellen. Genau genommen ist Gewinnerzielung ein Kampf gegen die Lieferanten, Mitarbeiter, Banken und die Allgemeinheit. »Business ist wie Krieg führen«, titelt Bruno Wagner »die kriminellen Methoden der Unternehmen in der globalisierten Wirtschaft«.13 Dabei ist es gar nicht nötig, auf »kriminelle Methoden« abzustellen. Auch die »Globalisierung« braucht es dafür nicht. Bereits der Aufbau der GuV macht die Interessengegensätze aller Anspruchsgruppen und damit den Ka