Die betriebswirtschaftliche Kernaussage und ihre Denk- und Handlungsfolgen
Das Gewinnstreben, besonders die Gewinnmaximierung, führt zu einer einseitigen Erfolgsermittlung, die den Beitrag des Eigenkapitals aufwertet, während gleichzeitig die Beiträge aller anderen Stakeholder abgewertet werden: Der Aufwand für Materialien, Investitionsgüter, Zinsen, Steuern sowie für Lohn und Gehalt wird so niedrig gehalten, dass sich ein möglichst hoher Gewinn ergibt.
Vom Lieferanten werden eine herausragende Qualität und eine pünktliche Lieferung verlangt; im Gegenzug wird so wenig und so spät wie möglich gezahlt mit dem Hinweis, dass er weitere Anstrengungen unternehmen müsse, um die derzeitigen Preise zu rechtfertigen. Diese weit verbreitete Drohkulisse ist Ausdruck von Geringschätzung.
Diese Drohgebärden sind auch im Umgang mit den Mitarbeitern zu beobachten: Trotz des realen Kaufkraftverlustes und nach wie vor steigender Pro-Kopf-Leistung erscheinen vielen Unternehmen die Löhne und Gehälter zu hoch. Die Botschaft »Mehr Leistung für weniger Lohn« ist an Zynismus und damit an Geringschätzung kaum zu übertreffen.
Selbst vor dem Staat machen einige große Unternehmen keinen Halt. Mit Gewinnverlagerungen in Steueroasen zeigen sie dem Staat, wie wenig sie von ihm und wie wenig sie mithin von der Gesellschaft halten.
Gewinn wird erzielt, wenn die Umsätze (bzw. Erlöse) den damit verbundenen Aufwand übertreffen. Ganz grob lässt sich die dem externen Rechnungswesen zuzurechnende Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) wie folgt beschreiben:
Umsatz(erlöse)
– Materialaufwand
– Personalaufwand
– Abschreibungen
(offiziell:AufwendungenfürAbnutzung [AfA])
– Zinsen
– Steuern
=Gewinn
Wer den Gewinn erhöhen will, muss entweder den Umsatz erhöhen oder Aufwandspositionen mindern, indem er den Lieferanten (Materialaufwand und AfA), den Mitarbeitern (Personalaufwand), den Banken (Zinsen) oder der Allgemeinheit (Steuern) weniger zahlt.
Wohl fast überall auf der Welt steht der Gewinn einzig dem Inhaber des jeweiligen Unternehmens zu. Damit stellt er sich zwangsläufig gegen all diejenigen Anspruchsgruppen, die ihm Aufwand in Rechnung stellen. Genau genommen ist Gewinnerzielung ein Kampf gegen die Lieferanten, Mitarbeiter, Banken und die Allgemeinheit. »Business ist wie Krieg führen«, titelt Bruno Wagner »die kriminellen Methoden der Unternehmen in der globalisierten Wirtschaft«.13 Dabei ist es gar nicht nötig, auf »kriminelle Methoden« abzustellen. Auch die »Globalisierung« braucht es dafür nicht. Bereits der Aufbau der GuV macht die Interessengegensätze aller Anspruchsgruppen und damit den Ka