Der als MedEvac umgerüstete Black-Hawk-Hubschrauber war die Strecke von Kandahār in die Provinz Zabul in Rekordzeit geflogen. Erst während der letzten zehn Minuten hatten die Piloten Gas weggenommen und sie manövrierten im Tiefflug durch die bergige Landschaft.
Oberstabsarzt Carla Rossi spürte die Spannung im Inneren des Helikopters. De Ruijters, der holländische Militärarzt, hatte den MP3-Player weggelegt. Er starrte neben ihr gebannt durch die Seitentür. Die Bordschützen hingen vornübergebeugt in ihren Sicherungsgurten, die Maschinengewehre im Anschlag. Jason Higgins versteckte sich immer noch in der hintersten Ecke des Hubschraubers. Der kanadische Sanitäter war leichenblass. Als das rote Alarmlicht in der Kabine losging, übertönten die Abschüsse derFlare Dispensers den Lärm der Rotoren. Der MedEvac kippte zur Seite, beschleunigte und ging tiefer. Rossis rechte Hand umklammerte den Metallrahmen einer Pritsche. Sie kämpfte gegen den brutalen Druck der Gs, die sie in den Boden zu rammen drohten. Für einen kurzen Augenblick schloss die Bundeswehrärztin die Augen, als sie das unverkennbare Zischen eines MANPADS registrierte. Knapp neben dem Hubschrauber explodierte eine gegnerische Boden-Luft-Rakete. Rossi atmete auf und rappelte sich hoch. Mechanisch überprüfte ihre linke Hand die Einsatzweste und den Sitz des Helms, während die rechte nach der Tasche mit der Notausrüstung griff. Dann streckte sie den Daumen in die Luft und bedeutete de Ruijters, dass sie bereit war. Der holländische Militärarzt schien zumindest äußerlich genauso gelassen, wie sie selbst. Er machte eine abfällige Handbewegung in Richtung des kanadischen Rettungssanitäters, der sich immer tiefer in seinem Versteck verkroch. Sie würden die Situation auch ohne den dritten Mann in den Griff bekommen. Plötzlich fluchte einer der beiden Bordschützen und hämmerte eine Salve nach unten. Im gleichen Augenblick zogen die beiden amerikanischen Piloten den Rettungshubschrauber noch einmal kurz hoch. Dann sank er in einer gigantischen Staubwolke zu Boden.
Die beiden Bordschützen hatten in einer einzigen Bewegung ihre Sicherheitsgurte gelöst und waren, ihre Schnellfeuerwaffen im Anschlag, nach draußen gesprungen. Die Rotorblätter beruhigten sich. Durch die Staubwolke erkannte das Rettungsteam von der ISAF Medical Task Force Kandahār, dass der Kampf auf der anderen Seite der Mauer tobte. Obwohl die von Aprikosen- und Granatapfelbäumen gesäumte Landezone sicher schien, war es riskant, den Hubschrauber vollständig zum Stillstand zu bringen. Mehrere Granaten explodierten in kurzer Folge. Mit einem gewaltigen Krachen flog im Hintergrund etwas Großes in die Luft und knallte wi