1. KAPITEL
Nicht zu fassen! Wie es aussah, würde die Fahrt bis zur zwanzig Meilen entfernten Raststätte mehr als drei Stunden dauern.
Genauer gesagt, so lange würde Lance White Eagle Steele brauchen, wenn er nicht in einer Schneewehe stecken blieb und wenn die Polizei nicht die Autobahn und viele Landstraßen gesperrt hätte.
Lance drehte in seinem vor wenigen Stunden gekauften Geländewagen mit Allradantrieb die Heizung hoch und wünschte sich sehnlichst, er hätte eine Thermoskanne mit heißem Kaffee dabei. Er war sich so sicher gewesen, dass die zweispurige Straße eine gute Abkürzung bot. Doch dann war er in einen Schneesturm geraten, der ihm völlig die Sicht nahm.
Aber zumindest befand er sich auf dem Heimweg. Wenn er an die Ranch dachte und an die Leute, die ihn dort erwarteten, wurde ihm bewusst, dass er ruhig ein paar Stunden oder auch einen Tag später eintreffen konnte. Auf alle Fälle wäre er rechtzeitig in Montana für die Weihnachtsfeier.
Vor wenigen Stunden, als er noch auf dem O’Hare Airport von Chicago gewesen war, hatte er sich Sorgen gemacht, er würde Weihnachten auf der Ranch verpassen. Er hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt in Chicago sein können. Er war von New Orleans gekommen und hatte einen Anschlussflug nach Great Falls in Montana nehmen wollen. Doch kurz nachdem seine Maschine gelandet war, waren sämtliche Flüge wegen eines Blizzards gestrichen worden.
Aber es gab weitere schlechte Nachrichten. Nicht nur Chicago war vom Schneesturm betroffen, sondern auch Michigan, Wisconsin, Iowa, Minnesota sowie North und South Dakota, und laut Wetterbericht konnte das noch tagelang so bleiben. Drei Tiefdruckgebiete überlagerten einander und begruben die Great Plains unter Bergen von Schnee.
Die Reisenden auf dem Flugplatz hatten angefangen, sich auf dem Fußboden und den Bänken niederzulassen, weil sie erwarteten, dort eine Weile festzusitzen. Doch Lance war entschlossen, pünktlich zur Weihnachtsfeier auf der Ranch in Montana zu sein, wo er jetzt lebte und arbeitete.
Er klopfte auf die Brusttasche seiner gefütterten Lederjacke und tastete dabei nach der kleinen Schachtel, die er bei sich trug. Alles würde gut werden. Schon bald würde sich sein Leben in die richtige Richtung entwickeln, genau wie er jetzt auf den richtigen Straßen fuhr, um nach Hause zu gelangen.
Es war ziemlich einfach gewesen, den Angestellten der Mietwagenfirma zu überreden, ihm einen kaum gebrauchten Geländewagen zu verkaufen, damit er den überfüllten Flughafen verlassen konnte. Gute Referenzen und ein hoher Überziehungskredit wirkten Wunder, als es darum ging, dem Mann klarzumachen, dass es reichte, die Vertragsunterlagen für den Autoverkauf übernächste Woche zu faxen, wenn die Banken nach den Feiertagen wieder geöffnet hatten.
Angestrengt blickte Lance durch die Windschutzscheibe, denn der Schneefall wurde stärker und nahm ihm die Sicht auf die schwach beleuchtete Straße. Er schaltete die Scheibenwischer ein, wischte von innen über die beschlagene Scheibe und bemühte sich, etwas zu erkennen. Dieser Blizzard erwies sich als einer der schlimmsten Schneestürme, die er je erlebt hatte. Was schon einiges heißen wollte, da er in den zehn Jahren, in denen er im gesamten Westen der USA von Rodeo zu Rodeo unterwegs gewesen war, eine ganze Menge Stürme erlebt hatte.
Mit der Handkante wischte er erneut über die Innenseite der Frontscheibe. Die Heizung arbeitete auf Hochtouren, und Lance war froh, in einem warmen Wagen zu sitzen, statt draußen im bitterkalten Wind zu sein.
Es gelang ihm, einen kleinen Fleck der Scheibe frei zu bekommen, gerade rechtzeitig, um das Steuer herumzureißen und einer dunklen Gestalt am Straßenrand auszuweichen.
„Verdammt!“, schimpfte er, während er den Wagen auf die andere Seite lenkte.
Als der Wagen zum Stehen gekommen war, erkannte Lance, dass die dunkle Gestalt, die da dra