Fürstin Ilena von Layden war von ihrem perfekt frisierten Scheitel bis zu den Spitzen ihrer mit Schwanendaunen besetzten Pantöffelchen der Prototyp einer Dame der allerersten und zudem mehr als wohlhabenden Gesellschaft, und dies schon beim Frühstück um sieben Uhr morgens.
Ihr schönes Haar war eisengrau, ihr klassisches Gesicht dezent und gekonnt aufgemacht, die schmalen, gepflegten Hände fabelhaft manikürt und der rosaseidene Morgenmantel war ebenso teuer, wie er aussah. Sie sah nicht jünger aus, als sie war, nämlich achtundfünfzig, aber sie war noch immer schön und für ihren unfehlbaren Geschmack sowie ihre Eleganz berühmt. Jedenfalls in Kreisen, die etwas davon verstanden und auf die es ihr ankam.
Seit dem Tod ihres Mannes verwaltete sie die beträchtlichen Güter und Forste selbst. Natürlich mit der Hilfe erstklassiger Direktoren. Und es sah auch nicht aus, als ob sich in nächster Zeit etwas diesbezüglich ändern würde. Und eben das war der Grund, weswegen die Fürstin schlecht schlief und sich in jeder freien Minute des Tages, wie auch jetzt beim Frühstück Sorgen machte.
Dabei wäre niemand auf den Gedanken gekommen, daß Grund für ihre Sorgen ihr Sohn war. Jedenfalls nicht, wenn man die Hintergründe nicht kannte.
Der junge Fürst Dietrich von Layden war der Traumprinz aller unverheirateten Damen des Adels und deren Mütter. Und sicher auch mancher jungen Dame aus dem Geldadel – andere lernten ihn kaum kennen, sonst hätten sie wohl auch für ihn geschwärmt.
Er sah aus – nun, eben wie ein Traumprinz: groß, schlank, mit einer fabelhaften, sportlichen Figur, die Eleganz hatte er von seiner Mutter geerbt und das schmale, interessante Gesicht mit den fast schwarzen Augen, dem dunklen Haar und dem aufregenden Mund von seinem Vater. Er war intelligent, charmant, Erbe eines unschätzbaren Vermögens und eines der ältesten Namen Europas.
Nach außen hin war wirklich kein Grund zu erkennen, weshalb die Fürstin sich sorgte. Doch es gab zwei triftige Gründe:
Dietrich war neunundzwanzig Jahre alt – und laut Familiengesetz mußte er mit dreißig verheiratet sein, sonst fiel Titel und Besitz an eine Nebenlinie.
Das Unglück wollte es, daß Dietrich weder am Titel noch am Besitz interessiert war. Und daß er sich auch für keine der ihm bei jeder Gelegenheit vorgestellten Damen wirklich interessierte. Er war gewiß kein Kostverächter, nahm mit, was sich so anbot, aber dachte nicht im Traum daran, sich zu binden.
In der Hinsicht war er kein Traumprinz!
Um das alles für seine Mutter noch betrüblicher zu machen, ging er einem Hobby nach, das ihn völlig in Anspruch nahm, da er – zum Bedauern der Fürstin – darin sehr erfolgreich war.
Er schrieb historische Romane, natürlich unter einem Pseudonym: Dietrich von Hochstatt, einer der vielen anderen Titel, die einem Fürsten Layden zustanden und von denen außer dem Archivar, der sich mit der Familiengeschichte befaßte, niemand etwas wußte.
Zur Überraschung der Fürstin öffnete sich nun die Tür des grünen Salons, in welchem sie ihr Frühstück einnahm, und der Gegenstand ihrer Sorge trat ein, völlig angezogen und bester Stimmung.
»Guten Morgen, liebste Mama«, begrüßte er sie heiter und küßte ihr galant Hand und Wange.
»Du bist wieder einmal einfach perfekt!« Er spielte damit darauf an, daß ihr rosa Morgenmantel wunderbar mit den maiengrünen Seidentapeten des Raumes, den passenden grün und rosa gehaltenen Vorhängen und Möbelbezügen und den Rokokomöbeln harmonierte, sowie mit den bezaubernden Hinterglas-Schäferszenen, welche die Wände schmückten. Auch das Frühstücksporzellan, Tischdecke und Servietten und vor allem der Blumenstrauß in der Mitte des zierlichen, ovalen Tisches waren auf diese Farben abgestimmt.
Die Fürstin lächelte flüchtig. Garantiert wollte er sie mit seinen Komplimenten, auch wenn sie ernst gemeint waren, nur einwickeln.
»Du bist schon auf?«
»Wie du siehst! Ich habe mir erlaubt, Bescheid zu sagen, daß ich mit dir frühstücke. Ich treffe mich heute mit meinem Verleger.«
»Schön, daß du wenigstens für deine Mutter noch hin und wieder Zeit hast!« erwiderte sie spitz.
»Das ist ungerecht, Mama«, gab er zur Antwort und lächelte sie an. Dieses Lächeln! Kein Wunder, daß die Mädchen hinter ihm her waren! Es war höchstens ein Wunder, daß ihn das so kalt ließ. Schließlich gab es in ihren Kreisen wirkliche Schönheiten, die auch sonst noch durchaus attraktive Qualitäten hatten.
»Dietrich«, begann sie mit einem Seufzer. »Es macht mir wirklich keinen Spaß, immer wieder mit der gleichen Geschichte anfangen zu müssen, aber –«
»Oh, Mama!« unterbrach er sie. »Verdirb uns doch nicht das gemütliche Frühstück!«
»In einem halben Jahr wirst du dreißig!«
»Ein wirklich interessantes Alter«, spottete er. »Und du weißt, daß mir der Prinzentitel und die dazu gehörende Abfindung wahrlich genügen. Ich verdiene schließlich nicht schlecht mit einer Sache, die mir Spaß macht.«
Sie unterbrachen für einen Moment die Unterhaltung, weil