Medizin heute
Der Landarzt, der seine Patienten mitsamt ihrer Lebensgeschichte kennt, existiert nur noch im Fernsehen. Medizinischer Fortschritt ist gut, doch sollte die Technik nicht über allem stehen.
Der moderne Medizinbetrieb hat kaum Platz für Mitgefühl oder Menschlichkeit. Dafür fehlt schlicht die Zeit.
Technik und Kostendruck
Moderne Maschinen und Instrumente müssen regelmäßig gewartet und vor allem genutzt werden, damit sie sich rechnen. Das erfordert in Krankenhäusern eine straffe Organisation, die Arbeitsschritte minutiös in Tagespläne einteilt. Kliniken und Praxen spezialisieren sich. So geht der Blick auf das Individuum in seiner Gesamtheit verloren. Und: Hightech-Geräte müssen sich bezahlt machen. Das kann dazu führen, dass aus wirtschaftlicher Überlegung statt ausschließlich aus medizinischer Notwendigkeit Untersuchungen und Therapien bis hin zu Eingriffen durchgeführt werden.
Therapie statt Prophylaxe
Grundsätzlich muss man sagen, dass Mediziner in den westlichen Industrieländern erst auf den Plan treten, wenn jemand krank ist. Während in ländlichen Regionen Chinas Ärzte heute noch dann einen guten Ruf genießen, wenn ihre Patienten keinerlei Beschwerden bekommen, geht es in Europa ausschließlich darum, bereits vorhandene Gebrechen zu bekämpfen. Ein einfaches Beispiel: Obwohl eine Schreibtischarbeiterin mit Krankengymnastik und Massagen den Zustand ihrer Halswirbelsäule erheblich verbessern könnte, bewilligt die Krankenkasse nur sechs Anwendungen. Zahlt sie keine weiteren Behandlungen aus eigener Tasche, muss sie mit chronischen Schäden durch die permanente Fehl- und Überbelastung rechnen.
An der falschen Stelle gespart
Immer wieder ist im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen von einer Kostenexplosion die Rede. Die Gesundheitsausgaben in Deutschland beliefen sich 2017 auf rund 375,6 Milliarden Euro, 12 % des Bruttoinlandprodukts (Statistisches Bundesamt 2017). Damit überschritten sie erstmals die Marke von einer Milliarde Euro pro Tag. An erster Stelle standen mit 15 % die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, an zweiter mit 13 % die psychischen. Dagegen belief sich der A