: Hans Fallada
: Ma?rchen vom Stadtschreiber der aufs Land flog
: epubli
: 9783753101323
: 3
: CHF 0.80
:
: Erzählende Literatur
: German
: 232
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Kunstmärchen von Hans Fallada, in dem es um den Kampf zwischen schwarzer und weißer Magie, um dunkle Mächte und einen teuflischen Fluch geht, um Verwandlung und Zauberei, Liebe und Bruderzwist. Im Mittelpunkt der Stadtschreiber Guntram Spatt auf Landreise, zugleich Synonym für die Innere Emigration im Dritten Reich, illustriert mit Holzschnitten von Heinz Kiwitz.

Hans Fallada, mit bürgerlichem Namen Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen, geboren am 21. Juli 1893 in Greifswald und gestorben am 5. Februar 1947 in Berlin, war ein deutscher Schriftsteller. In der Literatur sind seine Werke zum überwiegenden Teil der Richtung Neue Sachlichkeit zuzurechnen; zu den bekanntesten gehören zeitkritische Romane wie 'Kleiner Mann - was nun' (1932) und 'Jeder stirbt für sich allein' (1947). Er schrieb zudem Kinderbücher wie 'Geschichten aus der Murkelei' (1938) und 'Fridolin der freche Dachs' (1944).

Erstes Kapitel


»Hört, Landbewohner! all mir zu«.

J. F. Cooper; Der Lotse

 Vor vielen Jahren lebte in einer großen Stadt ein junger Mann, der auf der Geschäftsstube eines Ratsherrn, genannt Asio, Schreiberdienste zu verrichten hatte. Von morgens bis in den späten Abend hinein saß er an seinem Tisch, sich gegenüber einen anderen, aber älteren Schreiber, namens Bubo, und schrieb fleißig ab, was ihm sein Herr an Verträgen, Urkunden, Regressen, Akten auf den Platz gelegt. Wenn er die Hand mit der Feder zum Tintenfasse führte, begegnete sie wohl der Hand des Schreibgefährten drüben, und wenn er dann unwillkürlich den Blick hinüberrichtete, sah er das gesenkte Auge des anderen, das schon die nächste Zeile der Vorlage im voraus las, und um so emsiger kehrte er, wie ein ertappter Faulmann, zum eigenen Schreibwerk zurück. Aber wie eifrig er sich auch mühte, nie war der Berg der Aufgaben vor ihm ganz abzutragen, und meinte er den einen Abend, heute habe er es aber gut gemacht und morgen sei Arbeit ein gar rarer Artikel, so hatte den Ratsherrn über Nacht gerade das Zipperlein geplagt, und er hatte in seiner Schlaflosigkeit so vieles aus Schränken und Mappen hervorgekramt, daß am Morgen der Berg höher lag, denn je. Darüber wurde das Schreiberlein fast trübsinnig, und wenn er dann gar in das ernste, graue Gesicht seines Gegenüber sah, in dessen Falten sich der Aktenstaub vieler Jahre niedergesetzt zu haben schien – wenn er sich dann so recht lebhaft vorstellte, daß er in zehn oder zwanzig Jahren auch so ernsthaft dasitzen würde, mit weiter nichts im Kopf, als den Wettlauf zwischen Papierberg und Feder – so hätte er am liebsten den Hut vom Nagel gerissen und wäre hinausgelaufen in die weite Welt. Jede Straße wäre ihm recht gewesen, wenn sie nur fortführte von der papierenen Geschäftsstube. Solches zu tun aber verbot sich, denn er hatte niemanden, der für seine Nahrung und Kleidung sorgte, als sich selber. Kein Vater und keine Mutter, kein Verwandtes sah nach ihm; allein mußte er sich sein Essen kochen, allein sein Kleiderwerk flicken; und wenn er in die weite Welt hinausrannte, so wußte er doch, daß er nichts gelernt hatte, wie ein bißchen Schreiberei, und die würde auf keiner Amtsstube anders aussehen als auf dieser. Als er nun an einem recht trüben, dunklen Novembervormittag über dem Schreiben schon dann und wann nach dem Fenster schielte, vor dem die Vögel heischend lärmten – denn es war fa