: Jane Austen
: Die Abtei von Northanger
: mehrbuch
: 9783969443033
: 1
: CHF 1.30
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 300
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kloster Northanger ist ein unterhaltsamer, erzähltechnisch erstaunlich moderner Roman, der ganz nebenbei die vornehme britische Gesellschaft mit ihren Sprach- und Lese-Konventionen auf den Arm nimmt. Jane Austens postum erschienenes Werk Kloster Northanger ist der erste ihrer Romane, den die Autorin zur Veröffentlichung bestimmte.

Jane Austen war eine britische Schriftstellerin aus der Zeit des Regency, deren Hauptwerke Stolz und Vorurteil und Emma zu den Klassikern der englischen Literatur gehören.

Zweites Kapitel


Zur Ergänzung dessen, was bereits über Catherine Morlands persönliche und geistige Gaben zu Beginn ihres sechswöchigen Aufenthalts in Bath und seinen Schwierigkeiten und Gefahren gesagt wurde, soll zur genaueren Unterrichtung des Lesers noch erwähnt werden, daß sie ein liebevolles Herz besaß. Ihr Wesen war heiter und offen, ohne Überheblichkeit und Geziertheit und hatte soeben erst die Unbeholfenheit und Schüchternheit des Schulmädchens abgestreift. Ihr Äußeres war gefällig und an guten Tagen sogar niedlich. Sie war ebenso unwissend und unberührt, wie die weibliche Seele mit siebzehn Jahren zu sein pflegt.
Als die Stunde der Abreise näherrückte, hätte nach herkömmlicher Gepflogenheit die mütterliche Besorgnis bei Mrs. Morland ins Ungemessene wachsen müssen. Tausend beängstigende Vorahnungen von Übeln, welche ihrer geliebten Catherine während einer solch langen Trennung zustoßen mochten hätten ihr Herz mit Traurigkeit erfüllen und die letzten beiden Tage ihres Beisammenseins in ein Meer von Tränen tauchen müssen, nicht zu vergessen die wichtigen und nützlichen Ratschläge, von denen ihre erfahrenen Lippen beim Abschied in ihrem Budoir hätten überströmen müssen, und die Hinweise auf Vorsichtsmaßregeln gegen die Gewalt von Edelleuten und Baronen, die junge Damen in abgelegene Bauernhäuser locken. Aber Mrs. Morland wußte so wenig von Lords und Baronen, daß sie keine Ahnung von ihrer üblichen Niedertracht hatte, sie war völlig arglos gegenüber der Gefahr, die ihrer Tochter von den Machenschaften jener Männer drohte. Ihre ganzen Warnungen beschränkten sich auf die folgenden Punkte: »Ich bitte dich, Catherine, wickle deinen Hals immer recht schön warm ein, wenn du des Abends einen Ballsaal verläßt. Und dann versuche, über deine Ausgaben ein wenig Buch zu führen. Zu dem Zweck gebe ich dir dieses Büchlein.« Sally - oder vielmehr Sarah, denn welche junge Dame aus gutem Hause erreicht wohl ihr sechzehntes Lebensjahr, ohne ihren Namen soweit wie nur eben möglich zu verändern? - mußte nach Lage der Dinge zu diesem Zeitpunkt die Busenfreundin und Vertraute ihrer Schwester sein. Es ist jedoch beachtenswert, daß sie von Catherine weder verlangte, ihr mit jeder Post einen Brief zu schreiben, noch ihr das Versprechen abrang, sich ausführlich über jede neue Bekanntschaft zu ergehen oder die Einzelheiten jeder aufregenden Unterhaltung in Bath wiederzugeben. Alles, was sich auf diese wichtige Reise bezog, wurde von den Morlands mit Mäßigung und Haltung erledigt und schien eher dem nüchternen Empfinden des alltäglichen Lebens anzugehören als den verfeinerten Regungen, den zärtlichen Gefühlen, die eine erste Trennung der Heldin von ihrer Familie eigentli