Nach dem Nachmittagsunterricht komme ich mit meinen Schulsachen ins Dorfgasthaus am Eck. Manchmal plausche ich mit den Gästen, manchmal erledige ich die restlichen Hausaufgaben. Und manchmal, wenn es spät wird, schlafe ich auf der Holzbank in der Nähe des Tresens ein. Dahinter steht meine Mutter. Sie ist jung und hat vielleicht eine unrealistische Vorstellung von der Zukunft, doch sie ist bereit, hart zu arbeiten. Hart zu arbeiten, um es einmal besser zu haben. Zu Schulzeiten bin ich nicht besonders gut in Mathematik, aber wie ich mit 20 Euro den Wocheneinkauf im Supermarkt kalkuliere, lerne ich früh. Kleidung bestellen wir aus Katalogen, das kann man in Raten bezahlen. In meiner Kindheit wird nicht gespart, es wird mit dem umgegangen, was da ist. Alle paar Wochen gehen wir in ein Restaurant in der nächstgelegenen Stadt Palatschinken essen, das sind die besten Abende von allen. Wir wohnen in engen Räumen, in baufälligen Dorfhäusern oder verbringen auch schon mal eine Nacht im Auto. Meine Mutter fährt auf der Baustelle mit der Schubkarre, sie hebt Gewichte, sie nimmt mich mit auf den Fahrten im Lastwagen. Ich lerne, dass manche Wirte nicht rechtzeitig Löhne ausbezahlen und was das für Auswirkungen auf unser Leben hat. Ich lerne auch, dass es mir an nichts fehlt, außer vielleicht einer Gutenachtgeschichte und jemandem, der mir beibringt, wie der Reis nicht anbrennt.
Was in jungen Jahren als Impuls begann, ist heute meine ganz persönliche Art und Weise, auf mich aufmerksam zu machen. Ich komme aus einer Familie, in der Kunst und Kultur keinen großen Stellenwert einnehmen. Ich werde in eine Arbeiter*innenfamilie geboren. Ich bin die Tochter einer jungen Frau, die aus Ungarn nach Österreich immigriert, eines Vaters, der unter prekären Arbeitsbedingungen sein Geld verdient. Das Schreiben ist nichts, das mir beigebracht wird, nichts, das gefördert werden kann. Ich entdecke in meiner Volksschulzeit meine Freude daran, Geschichten zu erzählen. Ich bin etwa zwölf Jahre alt, als ich begreife, dass das Schreiben und der Ausdruck durch Sprache für mich eine Möglichkeit darstellt, mich der Welt außerhalb meiner sozio-ökonomischen Bedingungen mitzuteilen. Zu Beginn ist das meine kleine, heimliche Fantasiewelt. Doch schon bald entdecke ich das Internet und die damit verbundene Alternative, anonym meine Texte und Entwürfe in die Welt setzen zu können.
Ich bin davon überzeugt, dass die Art und Weise, wie wir aufwachsen, welche Beziehungen uns in die