: Eduard von Keyserling
: Dumala
: epubli
: 9783752993219
: 2
: CHF 0.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 114
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Herr auf Schloss Dumala ist der alte, invalide Baron Werland, der letzte der Dumalaschen Linie. Die Mäuse nagen hinter dem Getäfel der stark renovierungsbedürftigen Zimmer des geschichtsträchtigen Gemäuers. Der Baron kann nicht mehr laufen und wird von seiner Gattin, der jungen Baronin Karola Werland, voller Hingabe gepflegt. Wenn der Pastor Erwin Werner länger ausbleibt, kann der Schlossherr ungehalten werden. Pastor Erwin Werner tut so, als erfüllte er streng und weise seine Pflicht, geht jedoch einen eher unreinlichen Weg und begehrt heimlich die schöne Baronin. Die Gefühlsverwirrungen führen schließlich zu einem Mordanschlag. Eine charmante Wintergeschichte.

Eduard Graf von Keyserling, geboren am 2. Mai in Tels-Paddern, Kurland, Russisches Kaiserreich und gestorben am 28. September 1918 in München, war ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker. Während die frühen Romane (?Fräulein Rosa Herz. Eine Kleinstadtliebe? (1887) und ?Die dritte Stiege? (1892) noch unter dem Einfluss des Naturalismus stehen, gilt Keyserling aufgrund seiner ab 1903 veröffentlichten Erzählungen, Novellen und Romane als einer der wenigen bedeutenden impressionistischen Erzähler.

Der Pastor von Dumala, Erwin Werner, stand an seinem Klavier und sang:

»Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,

Die Möwe flog hin und wied-e-r«

Er richtete seine mächtige Gestalt auf. Sein schöner Bariton erfüllte ihn selbst ganz mit Kraft und süßem Gefühl. Es war angenehm zu spüren, wie die Brust sich weitete, wie die Töne in ihr schwollen.

»Aus deinen Augen liebevoll

Fielen – die Tränen – nie-ie-der.«

Er zog die Töne, ließ sie ausklingen, weich hinschmelzen. Seine Frau saß am Klavier, sehr hübsch mit dem runden rosa Gesicht unter dem krausen aschblonden Haar, hellbeleuchtet von den zwei Kerzen, die kurzsichtigen blauen Augen mit den blonden Wimpern ganz nah dem Notenblatt. Die kleinen roten Hände stolperten aufgeregt über die Tasten. Dennoch, wenn ein längeres Tremolo ihr einen Augenblick Zeit ließ, wagte sie es, von den Noten fort zu ihrem Mann aufzusehen, mit einem verzückten Blick der Bewunderung.

Es war zu schön, wie der Mann, von der Musik hingerissen, sich wiegte, wie er wuchs, größer und breiter wurde, wie all das Süße und Starke, all die Leidenschaft herausströmten. Das gab ihr einen köstlichen Rausch. Tränen schnürten ihr die Kehle zusammen, und um das Herz wurde es ihr seltsam beklommen.

»Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,

Die Seele stirbt vor Seh-nen –«