: Iain Lawrence
: Winterpony
: Verlag Freies Geistesleben
: 9783772545689
: 1
: CHF 14.20
:
: Kinderbücher bis 11 Jahre
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In den weiten Wäldern Sibiriens streift zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein junges weißes Pony frei im Schutz seiner Herde umher. Doch alles ändert sich, als es von Menschen gefangen wird. Zusammen mit zwanzig anderen Ponys wird es als Zugpferd für die Expedition von Robert F. Scott ausgewählt, der als erster Mensch den Südpol erreichen will. Ein Abenteuer beginnt ... Die Männer geben dem Tier auch einen Namen: James Pigg. Als das Team den Boden der Antarktis betritt, wird das Pony zum Teilnehmer eines spektakulären Wettrennens. Denn Roald Amundsen hat überraschend angekündigt, ebenfalls als Erster den Südpol betreten zu wollen. Aber nur eine Mannschaft kann gewinnen, und nicht jeder kann überleben - noch nicht einmal die Tiere.

Iain Lawrence geboren in Sault Ste. Marie, Ontario, studierte Publizistik und arbeitete für verschiedene kleinere Zeitungen. Er ist begeisterter Segler, Kenner einsamer Inseln, Journalist und Jugendbuchautor und lebt heute auf Gabriola Island, einer Insel an der Westküste Kanadas in British Columbia. Im Verlag Freies Geistesleben erschien von ihm die Trilogie um 'Tom Tin', der nie zur See fahren wollte, sowie 'Der Herr der Nussknacker', 'Der Geist' und 'Die Tochter des Leuchtturmwärters'. Zuletzt wurde er für den Deutschen Jugendliteraturpreis für sein Kinderbuch 'Der Riesentöter' nominiert.

KAPITEL 1


Ich wurde im Wald geboren, am Fuß der Berge, auf einer Wiese, die ich als «den Gras-Ort» kannte. Das Erste, was ich sah, war die Sonne, die rot durch die Bäume schien, und sieben zottelige Tiere, die auf ihren Schatten grasten.

Es waren Ponys. Und ich war auch ein Pony, mit Beinen so schwach wie Weidenruten. Meine Mutter musste mich mit ihrer Nase auf die Füße schubsen, damit sie mich säugen konnte. Aber schon nach einem Tag war unsere kleine Herde wieder unterwegs. Ich hüpfte neben meiner Mutter her und glaubte, dass ich bereits so schnell und stark wie jedes andere Pony war. Ich wusste ja nicht, dass die anderen wegen mir langsam liefen, damit ich mit ihnen Schritt halten konnte.

Unser Anführer war ein silberner Hengst. Er war so wachsam wie eine Eule. Niemals überquerten wir offenes Land, ohne dass er vorgegangen wäre. Reglos stand er am Rand der Weide und hielt Ausschau nach Wölfen und Berglöwen. Er war immer der Letzte, der trank, und der Letzte, der graste, weil er Wache hielt, bis wir gesättigt waren. Bis auf einen dunklen Fleck auf seiner Brust war sein ganzer Körper schneeweiß. Ich fand es herrlich, zuzuschauen, wie seine silberweiße Mähne in Wind und Sonne flatterte, wie ein glänzendes Banner.

Wir folgten einem Weg, der uns innerhalb eines Jahres von den schneeverwehten Tälern des Winters zu den hoch gelegenen Weiden des Sommers brachte. Jedes Frühjahr führte er uns wieder zu einem steinigen Fluss, den wir einer hinter dem anderen durchquerten. In dem Wasser, das unsere Knöchel umspülte, machten unsere Hufe auf den Steinen ein lustiges, kicherndes Geräusch. Auf der anderen Seite stiegen wir die Böschung hinauf, liefen durch die Ausläufer eines Waldes und erreichten einen Grasplatz, der für mich der Mittelpunkt der Welt war.

Ich dachte, es würde immer so bleiben, ich würde immer jung und frei sein, ein Tag würde dem anderen folgen und ich würde tausend Sommer erleben.

Aber bereits in meinem ersten Jahr erlebte ich, wie junge Ponys älter wurden und wie ein altes Tier starb. Im Frühling war sie noch eine große, starke Stute gewesen. Aber dann, im Herbst, fing sie auf einmal an, ganz langsam zu gehen, und fiel hinter die Herde zu