: Markus Brock, Wolfram Fleischhauer, Klaus Frank, Helmut Fricker, Sonny Fuchs, Hildegard Gerecke, Eck
: Doris Lott
: Hopfenduft und Butterbrezel Karlsruher Kinder erzählen
: Lindemanns
: 9783881909747
: Lindemanns
: 4
: CHF 9.00
:
: Geschichte
: German
: 248
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
31 Karlsruher Kinder, mittlerweile erwachsen und gestandene Persönlichkeiten, erzählen in diesem Buch von ihrer Kindheit und Jugend in der Fächerstadt. Lustige und traurige, heitere und wehmütige Erinnerungen sind dabei, wenn ein Bischof, eine Pianistin, ein Moderator oder eine Boxweltmeisterin an ihr Aufwachsen zwischen Daxlanden und Durlach, zwischen Neureut und Rüppurr zurückdenken. Die Herausgeberin Doris Lott, selbst mit Leidenschaft Karlsruherin, hat über ein Jahr lang die Erinnerungen bekannter Töchter und Söhne der Stadt gesammelt. Die Autoren: Markus Brock, Wolfram Fleischhauer, Klaus Frank, Helmut Fricker, Sonny Fuchs, Hildegard Gerecke, Eckhardt Gillen, Regina Halmich, Gerlinde Hämmerle, Andreas Hirsch, Friedrich Georg Hoepfner, Volker Kaminski, Waltraud Kirchgessner, Kurt Kramer, Doris Lott, Dietrich Maier, Kurt Müller-Graf, Joachim Nagel, Günther Nonnenmacher, Brinna Otto, Monika Rihm, Judith Rimmelspacher, Thomas Rübenacker, Doris Schmidts, Romy Schurhammer, Gerhard Seiler, Sontraud Speidel, Bernd Uhl, Ingo Wellenreuther, Vera-Maria Wieland geb. Freiin von Reischach-Scheffel, Joachim Wohlfeil

All you need is love
Markus Brock

In meinem vierten Lebensjahr zogen wir nach Rüppurr. Kaum waren wir hier, trennten sich meine Eltern. Als ich 14 war, starb meine Mutter an einem Gehirntumor, und so kommt es, dass ich meine Kindheitserinnerungen mit niemanden mehr teilen kann, vor allem nicht die Erinnerung an die Jahre vor ihrem Tod. Mein Vater kam dann mit meiner Stiefmutter zu mir nach Karlsruhe, damit ich nicht aus meiner gewohnten Umgebung gerissen wurde. Ich bin ihnen dafür sehr dankbar. Aber meine Kindheit war mit dem Tod meiner Mutter eigentlich vorbei – weshalb ich von den Jahren davor erzählen will.

Zuerst wohnten wir in der Frauenalber und später in der Spessarter Straße, wo ich – auch als Scheidungskind – eine glückliche Kindheit verbrachte. Meine Mutter war immer für mich da, gab mir unendlich viel Liebe. Ein Urvertrauen, von dem ich heute noch zehre. Aber auch mein Vater besuchte mich regelmäßig von München aus, wo er inzwischen wohnte.

Hier in Karlsruhe begegnete ich aber auch anderen Menschen, die mir so liebevoll entgegenkamen, dass ich sie bis heute nicht vergessen habe. Schwester Ursula zum Beispiel vom katholischen Kindergarten – Schwester Ursula mit ihren roten Haaren. Dass ich evangelisch war, spielte für die Schwestern keine Rolle. Oder meine Grundschullehrerin, Frau Wentz, die meine ersten Jahre in der Riedschule begleitete. Als ich sie nach Jahren einmal in der Stadt traf, umarmte sie mich so herzlich wie früher, und ich wunderte mich, wie klein sie war.

Bilder fallen mir ein. Ich sehe mich noch als kleinen Jungen mit Gummistiefeln und abwaschbaren Klamotten durch die Alb waten, über schlammige Äcker springen, im Wald bei den sieben Hügeln in der Nähe der Aussiedlerhöfe toben, spielen, Hütten bauen und natürlich mit meinen Freunden auf dem Spielplatz. Da haben wir uns eigentlich jeden Tag getroffen. Haben Tischtennis, Fußball, Hockey oder „Räuber und Gendarm“ gespielt. Das war meine Welt, und sobald ich nach Schulschluss gegessen und meine Hausaufgaben gemacht hatte, zog es mich nach draußen, bis es dunkel wurde. Bei Wind und Wetter waren wir im Freien und wenn ich heim kam, war meine Mutter da, setzte mich in die Badenwanne und machte Abendbrot. Genau so war’s. Auch wenn ich mal nicht völlig verdreckt war!

Sie wollte keinen neuen Partner, und so sprach sie mit mir über alles, was sie bewegte und was in der Welt vor sich ging. So begann auch ich schon früh, mich für alles, was so passierte, zu interessieren.

Am Wochenende hatten wir beide unser festes Ritual. Jeden Samstag gingen wir zusammen in die Stadt. Und jedes Mal ging es zum Spielwarengeschäft Döring. Denn dort gab es alles für meine hölzerne Wildwest-Stadt. Jedes Mal durfte ich mir dann eine neue Cowboy- oder Indianerfigur aussuchen. Nicht mal eine Mark hat das damals gekostet. Dann wurden gemeinsam andere Besorgungen erledigt. Oft auch Kleidung für sie oder mich. Ich bei „Hergard“, meine Mutter in der schicken „Rodier“-Boutique. Vielleicht gehe ich deshalb heute noch – ganz untypisch für Männer – gerne mit meiner Tochter Kleider kaufen. Anschließend ging’s dann in die Pizzeria „Como Lario“ in der Kaiserstraße. Der Besitzer der Pizzeria war ein sehr netter Spanier. Einmal schenkte er mir eine Gourde, eine spanische Trinkflasche aus Leder. Meine Mutter bestellte sich immer eine Pizza oder Pasta mit einem kleinen Glas Rotwein, für mich gab es Pizza und Cola oder Fanta. Dann steckte ich eine Mark in die Musikbox und drückte drei Beatles-Songs. Vor allem ihr Lieblingslied: All you need is love, love, love is all you need ...

Auch heute noch brauche ich Rituale, sicher auch, weil mein Berufsleben so unstet ist. Schon als Kind war ich ein eifriger Freibadbesucher, und noch immer liebe ich das Rüppurrer Freibad, wo ich i