: Platon
: Gorgias Deutsche Übersetzung aus der von Ernst Heitsch, Carl Werner Müller und Kurt Sier herausgegebenen Werkausgabe
: UTB GmbH
: 9783846341513
: 1
: CHF 4.50
:
: Antike
: German
: 94
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gorgias ist - nach Umfang und Gehalt - einer der großen Dialoge Platons. In den Gesprächen des Sokrates kommen die entscheidenden Themen zur Sprache, die Platon für den Rest seines Lebens beschäftigten: das Verhältnis von Rhetorik, Macht, Gerechtigkeit und Glück, die Beziehung zwischen der Lust und dem Guten und die Frage nach der richtigen Lebensführung. Eine neue Übersetzung der platonischen Dialoge muss für den heutigen Leser ohne die Zuhilfenahme des griechischen Textes oder eines Kommentars verständlich sein. Zugleich sollte sie die Eleganz der platonischen Gespräche vermitteln. All das bietet die nun als eBook erschienene Übersetzung, die auf der renommierten Platon-Werkausgabe der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz basiert.

GORGIAS

Kallikles, Sokrates, Chairephon, Gorgias, Polos

KA.: An Krieg und Kampf muss man auf diese Weise teilnehmen, sagen [447] die Leute, Sokrates.

SO.: Wir kommen doch nicht etwa, wie man so sagt, erst nach dem Fest und sind zu spät dran?

KA.: Und zwar nach einem ganz feinen Fest! Denn Gorgias hat uns kurz zuvor viele schöne Dinge vorgeführt.

SO.: Daran ist dieser Chairephon da schuld, Kallikles, weil er uns gezwungen hat auf der Agora zu verweilen.

CH.: Kein Problem, Sokrates. Ich werde es auch wieder gut machen. [b] Denn Gorgias ist mit mir befreundet und so wird er uns eine Vorstellung geben – wenn du willst, jetzt gleich, wenn es dir lieber ist, ein andermal.

KA.: Was denn, Chairephon? Hat Sokrates den Wunsch Gorgias zu hören?

CH.: Eben deshalb sind wir ja da.

KA.: Also, wenn ihr zu mir ins Haus kommen wollt … Denn Gorgias ist bei mir abgestiegen und er wird euch eine Vorstellung geben.

SO.: Gut, Kallikles. Aber ob er wohl auch bereit wäre mit uns ein Gespräch zu führen? Denn ich will von ihm erfahren, was die Fähigkeit und [c] die Wirkung der Kunst dieses Mannes ist und was das ist, was er ankündigt und lehrt. Die Vorstellung soll er, so wie du sagst, ein andermal geben.

KA.: Das Beste ist ihn selbst zu fragen, Sokrates. Denn dies war auch ein Teil seiner Vorstellung. Er hat gerade eben aufgefordert zu fragen, was ein jeder von den Leuten drinnen wollte, und er sagte, er werde auf alles antworten.

SO.: Schön sagst du das. – Frag ihn, Chairephon!

CH.: Was soll ich fragen?

SO.: Wer er ist. [d]

CH.: Wie meinst du das?

SO.: Wie wenn er ein Hersteller von Schuhen wäre. Dann würde er dir doch wohl antworten: ein Schuster. Oder verstehst du nicht, wie ich es meine?

CH.: Ich verstehe und ich werde ihn fragen.

Sag mir, Gorgias: ist es wahr, was Kallikles da sagt, dass du ankündigst auf alles zu antworten, was einer dich fragt?

GO.: Es ist wahr, Chairephon, und gerade eben habe ich genau das angekündigt, [448] und ich behaupte, dass mich seit vielen Jahren noch keiner etwas Neues gefragt hat.

CH.: Also ist es wohl so, dass du leicht antworten wirst, Gorgias?

GO.: Es steht dir frei, Chairephon, dir eine Probe davon geben zu lassen.