1. KAPITEL
Die Premierenfeier für den neuen Prädikatswein des Weinguts Maxfield Vineyards lief wie am Schnürchen, und Emerson Maxfield langweilte sich. Zwar war dies kaum die passende Einstellung für die Markenbotschafterin von Maxfield Vineyards, aber sie konnte nichts dagegen tun.
Vermutlich schrieben viele Gäste ihren desinteressierten Gesichtsausdruck der Tatsache zu, dass ihr Verlobter nicht anwesend war. Sie blickte auf ihre Hand hinunter, an deren Ringfinger ein großer, tropfenförmiger Diamant glitzerte. Doch Donovans Abwesenheit war nicht der Grund für ihre Langeweile. Um ehrlich zu sein, langweilteDonovan sie allmählich, was ihr einiges Kopfzerbrechen bereitete. Aber was konnte sie schon tun?
Ihr Vater hatte die Beziehung arrangiert, die Verlobung vor zwei Jahren, und sie hatte zugestimmt. Sie war sich sicher gewesen, dass sich daraus mehr entwickeln würde, dass sie und Donovan es schaffen konnten, weil sie es dem Vertrag nach schaffenmussten. Doch die Beziehung … stagnierte. Sie wohnten und arbeiteten in unterschiedlichen Bundesstaaten, und die Funken zwischen ihnen reichten nicht einmal aus, um ein Lagerfeuer zu entfachen. Alles in allem war diese Party weniger langweilig als ihre Verlobung.
Dabei hing beides – die Party und die Verlobung – zusammen. In beiden Fällen ging es darum, dass ihrem Vater sein Imperium wichtiger war als alles andere. Emerson war Teil dieses Imperiums. Sie mochte ihren Vater, und sein Imperium lag auch ihr am Herzen. Das Weingut betrachtete sie als ihre Lebensaufgabe. Sie hatte geholfen, es aufzubauen und großzumachen. Ihr war es zu verdanken, dass Maxfield-Weine die Präsentkörbe bei Preisverleihungen in Hollywood krönten. Durch ihre Bemühungen waren sie auf einflussreichen Websites von ehemaligen Talkshowmoderatoren empfohlen worden.
Emerson hatte es geschafft, den Namen des Weingutsweit über die Region hinaus bekannt zu machen. Maxfield Vineyards war der Hauptgrund, warum einige Gebiete Oregons dem kalifornischen Napa Valley allmählich den Rang streitig machten. Ihre Arbeit – wie auch die ihrer Geschwister – war der Grund, warum Maxfield Vineyards zu seiner jetzigen Größe angewachsen war. Eigentlich sollte die Party sie mit Triumph erfüllen. Stattdessen empfand sie nur Leere.
Dasselbe Gefühl hatte sie in letzter Zeit immer wieder beschlichen. Noch vor Kurzem wäre ihr das hier genug gewesen. Auf einer tollen Party im Mittelpunkt zu stehen, ein maßgeschneidertes Kleid zu tragen, das ihre Figur ideal zur Geltung brachte – das bedeutete Aufregung pur. Mit Lippenstift in einem Rotton, der perfekt mit ihrem scharlachroten Kleid harmonierte, hatte sie sich früher … wichtig gefühlt.
Als ob sie etwas zu sagen hätte.
Als ob alles zusammenpassen würde.
Als ob sie gut ankäme. Egal, was ihre Mutter dachte.
Vielleicht war Emersons Problem ja die bevorstehende Hochzeit. Je näher der Termin rückte, desto mehr Zweifel hegte sie. Daran, ob sie sich ihrem Job tatsächlichso sehr verschreiben konnte, dass sie bereit war, den Sohn eines der führenden Werbemagnaten der Welt zu heiraten. Dass sie tun würde, was ihr Vater verlangte, sogar hierbei.
Doch Emerson liebte ihren Vater. Und sie liebte das Weingut. Was dagegen romantische Liebe anging … Sie war noch nie verliebt gewesen. Jene Liebe kannte sie nur in der Theorie. Doch ihre Liebe zu anderen Bereichen ihres Lebens war real.
Sie hatte noch nicht mit Donovan geschlafen, war aber vor ihm mit zwei anderen Männern zusammen gewesen, ihrem Freund am College und einem weiteren danach. Doch nichts an dem Sex war so sensationell gewesen, dass sie dafür ihr Leben auf den Kopf gestellt hätte.
Donovan und sie hatten gemeinsame Ziele und Werte. Mit Sicherheit konnten sie sich auf dieser geteilten Grundlage ein Leben aufbauen. Warum sollte sie nicht im Interesse des Weinguts heiraten? Oder um ihren Vater glücklich zu machen? Was sprach dagegen?
Emerson seufzte und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Die Party fand im stilvollen Verkostungsraum des Weinguts auf dem Gipfel eines Berges statt, unter dem sich die Weinberge im hellen Licht des Vollmonds erstreckten.
Emerson trat auf den Balkon hinaus. Am anderen End