Die junge Prinzessin Diana von Buchenhain zuckte leicht zusammen, als dicht vor ihr eine Amsel aufflog. Sie horchte angespannt in die Stille hinein, die sie umgab, und wandte sich dann noch einmal zurück.
Am anderen Ende des Parks, hinter dem langgestreckten Bassin mit den Terrakottafiguren zu beiden Seiten, leuchtete das schneeweiße Schloss der Fürsten von Buchenhain in der Morgensonne.
Dianas Mund öffnete sich. Wie herrlich war alles, was sie umgab. Die uralten Buchen, deren Kronen sich über den beiden ebenerdigen Seitenflügeln des Schlosses wölbten, die dunkelgrünen Zypressen, die hinter dem spitzen Giebel des Hauptschlosses zu erkennen waren. Der Park mit seinen weiten Rasenflächen, den blühenden Buschgruppen. Das Singen der Vögel.
Ein Schauer des Glücks durchströmte Diana. Sie öffnete das kunstvolle schmiedeeiserne Tor, das den Besitz ihres Vaters von der Außenwelt abschloss. Mit leisem Klicken fiel es ins Schloss zurück.
Freiheit – solange Diana zurückdenken konnte, hatte die Welt hinter diesem Tor für sie Freiheit bedeutet. Heute, einen Tag nach ihrem zwanzigsten Geburtstag, wollte sie diese Freiheit zum ersten Mal kennenlernen: Ohne eine Erzieherin, ohne den Vater, ohne Verwandte, die jeden ihrer Schritte beobachteten.
Niemand hatte die Flucht der jungen Prinzessin bemerkt.
Diana lief über die Asphaltstraße. Bald tauchte Buchenhain vor ihr auf, das Dorf, das seinen Namen vom Schloss her hatte.
Um von keinem seiner Bewohner erkannt zu werden, schlug Diana einen schmalen Weg ein, der von der Straße weg durch ein Tal führte.
Ein Dornenstrauch zerriss Dianas seidene Strümpfe. Sie kümmerte sich nicht darum. Herrlich war es, dieses Gefühl von Freiheit, dieses Abenteuer ihrer Flucht.
Etwa eine halbe Stunde später erreichte Diana wieder die Landstraße. Schloss und Dorf Buchenhain lagen hinter einem Wald und waren nicht mehr zu erkennen.
Diana berührte mit der rechten Hand die Geldbörse in der Tasche ihres weiten Rockes. Es war genug Geld, um in der etwa hundert Kilometer entfernten Großstadt durch die belebten Straßen zu bummeln, in einem Straßenrestaurant zu Mittag zu essen. Irgendetwas Unnützes zu kaufen.
Als ein Bus näherkam, hob Diana ihre Hand. Aber der Busfahrer achtete nicht auf sie und fuhr weiter.
»Dann eben nicht«, sagte Diana laut.
Zehn Minuten später keuchte ein uralter Personenwagen den Hügel hinauf. Einen winzigen Augenblick zögerte Diana, dann hob sie wieder winkend einen Arm.
Der Wagen keuchte, der Motor gab ein Blubbern von sich, dann hielt das Auto neben Diana.
Ein junger Mann neigte sich lachend heraus.
»Wollen Sie mitkommen?«
»Fahren Sie in Richtung Stadt?«
»Ja. Steigen Sie ein. Ich hoffe, meine alte Kiste streikt nicht.«
Der junge Mann hielt Diana die Tür auf, und sie nahm an seiner Seite Platz.
Der Motor ratterte. Er tat sich schwer, den Hügel bis zur Kuppe zu erklimmen.
»So, geschafft«, seufzte der junge Mann und betrachtete Diana von der Seite.
»Haben Sie denn