Fata Morgana
Also warten wir jetzt noch auf Thorsten oder nicht?« Svenja wurde langsam ungeduldig und auch meine Mutter hatte den Sattelgurt ihrer Stute Millie nun schon zum dritten Mal kontrolliert. Es gab absolut nichts mehr zu tun vor dem Ausritt, aber mein Freund Thorsten kam und kam nicht. Dabei hatten wir auch sein Pferd schon hereingeholt und für ihn vorbereitet. Der Schimmel Mariano – Mano genannt – wartete fertig geputzt und aufgesattelt auf seinen Reiter.
Nun konnte Thorsten sich schon mal verspäten – er hatte an diesem Nachmittag Computer-AG und manchmal quatschte er sich da mit Freunden fest. Aber über eine halbe Stunde zu spät zum Ausritt zu erscheinen und die ganze Gruppe warten zu lassen, sah ihm nicht ähnlich.
»Ich versuche es jetzt noch mal auf seinem Handy, und wenn er wieder nicht rangeht, reiten wir los«, erklärte ich leicht genervt. Mit Thorsten gemeinsam zu reiten machte mehr Spaß – auch deshalb, weil mein Pferd Joker ein bisschen an seinem Mano klebte. Joker war ein riesiges, sehr starkes Pferd mit manchmal etwas überschüssiger Energie. Wenn er allein mit Millie und Svenjas Hrifla unterwegs war, verlief der Ritt oft ein wenig schneller, als mir lieb war. Manos dicker Hintern wirkte dagegen zuverlässig bremsend und überholen ließ sich der Schimmel ohnehin nicht gern. Er lief dann mit ärgerlich angelegten Ohren Schlangenlinien vor Joker, um ihm den Weg abzuschneiden. Das sah witzig aus, auch wenn es Thorsten manchmal ein bisschen in Raumnot brachte. Thorstens Gleichgewichtssinn war nicht der beste – mein Freund war eher Computerfreak als Sportler. Früher fiel er mitunter schon im Schritt vom Pferd, wenn Mano nicht aufpasste, aber inzwischen hatten sich die zwei hervorragend zusammengerauft.
Bei Joker und mir fehlte da noch einiges – obwohl wir im Stall immer sehr das »Traumpaar« herauskehrten. Joker pflegte mich mit jubelndem Wiehern zu begrüßen, raste auf der Weide im Galopp auf mich zu und trug mich auch bereitwillig spazieren, obwohl ich nicht gerade olympiaverdächtig ritt. Aber wenn er es wirklich eilig hatte, musste ich mit – das lehrbuchgerechte Anhalten mit Kreuzanspannen, Zügelannehmen und was Reitlehrer dazu noch alles empfahlen, klappte bislang allenfalls in der Reitbahn.
Schon jetzt zeigte mein gewaltiger Brauner erste Zeichen der Ungeduld. Während Mano die Wartezeit für ein Schläfchen nutzte, spielte Joker an seinem Anbindestrick herum, versuchte, in meinen Taschen nach Leckerli zu wühlen oder sich wenigstens mein Handy zum Zerkauen zu angeln, während ich Thorstens Nummer wählte. Joker hatte eine unglaublich bewegliche Nase, es hätte mich nicht gewundert, wenn er die Nummer gleich selbst eingetippt hätte.
Svenjas Islandstute Hrifla, eine hübsche Füchsin mit langer,