1. KAPITEL
Georgia Kinnear konnte vor Aufregung kaum stillsitzen.
Ihr Vater thronte am Kopf des ovalen Tisches im Konferenzraum von Kingdom International. Eine Position, die ihm uneingeschränkten Blick auf alle Anwesenden des wöchentlichen Treffens leitender Angestellter erlaubte.
Norman Newman und Jimmy Browne waren seit fast drei Jahrzehnten die treuen Gefolgsleute ihres Vaters – schon länger als Georgia lebte. Beide Männer gehörten dem Aufsichtsrat der Firma für Luxusgüter an, aber Gerüchten zufolge hatten sie beschlossen, in Rente zu gehen, und würden daher auf der jährlichen Hauptversammlung, die nachher noch stattfinden sollte, nicht wieder ernannt werden. Wobei ihr Vater davon kein Wörtchen hatte verlauten lassen. Kingston Kinnear war nicht dafür bekannt, sich in die Karten schauen zu lassen.
Wenn die Gerüchte stimmten, dann würde die Hauptversammlung, die in einer Stunde beginnen sollte, Georgias Leben für immer verändern …
Es wurde auch Zeit!
Ihr Vater blickte ungeduldig auf die Uhr. „Wo ist Jay?“
Jay Black war der perfekte Manager – niemals zu spät, immer vorbereitet, immer gefährlich gut informiert. Ein Rivale, den man respektieren musste. Georgia war dankbar, dass bisher offenbar niemand mitbekommen hatte, welche Spannung zwischen ihnen beiden herrschte und dass sie ständig miteinander im Streit lagen. In wortlosem Einvernehmen hatten Jay und sie sich darauf verständigt, es bei ihrer kleinen Privatfehde zu belassen. Doch trotz ihrer Vorbehalte ihm gegenüber, fand sie es nicht in Ordnung, ihm jetzt hinterrücks eins auszuwischen.
„Der Kopierer war blockiert – er kommt sicher gleich“, antwortete sie daher und versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie gut Jay gerochen hatte, als sie eben neben ihm gekauert und versucht hatte, das Gerät wieder zum Laufen zu bringen. Wie der Central Park an einem sonnigen Frühlingstag – frisch und waldig.
Ihr Vater blies die Backen auf, und Georgia machte sich auf einen Ausbruch gefasst.
„Das Ding hat schon den ganzen Tag Probleme bereitet. Ich sorge dafür, dass ein Techniker kommt, um es zu überprüfen“, warf Marcia Hall ein, und ihr Vater beruhigte sich wieder.
„Danke.“ Georgia lächelte der persönlichen Assistentin ihres Vaters zu. Die Frau war eine Heilige. Marcia wusste genau, wie man den reizbaren Kingston beruhigen konnte, eine Kunst, die Georgia nie erlernt hatte – obwohl sie mit ihm aufgewachsen war und seit Verlassen der Schule an seiner Seite arbeitete.
Georgia wünschte, Jay würde sich beeilen.
Um sich abzulenken, konzentrierte sie sich auf die an den getäfelten Wänden hängenden überlebensgroßen Fotos der Stars. Jeder von ihnen trug mindestens einen Kingdom-Artikel. Handtaschen. Mäntel. Schals. Handschuhe. Schirme. Und natürlich das Gepäck, für das Kingdom berühmt war. Auf jeder Aufnahme prangte der legendäre Werbeslogan:Mein Kingdom. Immer und überall.
Ihr Vater räusperte sich, und abrupt wurde es still. „Wir fangen ohne Jay an.