: Christa Winsloe
: Mädchen in Uniform
: mehrbuch
: 9783969440346
: 1
: CHF 1.30
:
: Hauptwerk vor 1945
: German
: 300
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In einem autoritär geführten Pensionat für adelige Mädchen werden die Schülerinnen zu Disziplin und Gehorsam erzogen. Die junge Lehrerin Fräulein von Bernburg probt mit ihrer Klasse ein Theaterstück, als sich eine Internatsschülerin in sie verliebt.Kleine Info am Rande: Im gleichnamigen Film gab es die erste Kussszene zwischen zwei Frauen in der Filmgeschichte.

Christa Kate Winsloe war eine deutsch-ungarische Schriftstellerin, Drehbuchautorin, Dramatikerin und Bildhauerin.

Erstes Kapitel



Manuela war ein ersehntes Kind, ein im voraus heiß geliebtes Kind. Manuela sollte geboren werden. Manuela sollte ein Mädchen sein. Ehe sie auf die Welt kam, stand ein Haus bereit. Ein schon ungeduldig werdender Vater. Eine Mutter, tief vertraut mit diesem Kinde, noch ehe sie es in den Armen hielt. Zwei Brüder waren gewisse Kameraden. Etwas gönnerisch, aber stolz auf sie – nun da sie wirklich da war.

Manuela mußte am Sonntag geboren werden – es mußte auch Weihnachten sein. Als die beiden Brüder vom Weihnachtskindertheater heimkehrten, lag sie in der Wiege. Sie war angekommen wie ein Weihnachtsgeschenk. Die beiden Brüder wunderten sich nicht. Soeben hatten sie ja das Christkind in der Wiege liegen sehen, im Stall von Bethlehem. So, daß der fünfjährige Bertram zum zehnjährigen Alfred in einer Vorstellungsverwirrung meinte: »Tragen wir sie in den Stall, das wird ihr Spaß machen.« Nur der Einwand, daß weder Kühe noch ein Esel im Stall seien, sondern lauter Pferde, die es in Bethlehem gar nicht gab, ließ ihn von dem Vorhaben abstehen.

Obwohl jeder sagte, das Kind sei schön, entsprach das nicht der Wahrheit. Denn die dunklen Augen, deren Weißes blau war, entbehrten der Augenbrauen. Man stülpte dem Säugling ein Häubchen auf, um die Kahlheit des Schädels zu decken.

Ängstlich streichelte Frau Käte das haarlose Köpfchen, und als sich dann endlich einzelne seidige, dunkle Haare zeigten, wurde ein Familienfest daraus, und Herr von Meinhardis fand, man müsse eine Flasche Moselwein aufmachen.

Die ersten Jahre vergingen wie ein einziger Schlaf. Lela konnte über den Rand ihrer Wiege nicht hinaussehen. Nur manchmal öffnete sie groß ihre Kirschenaugen, wenn im Hof Vaters Pferde trappelten. Oder wenn die Brüder lärmend von der Schule kamen, ihren Ranzen in die Ecke warfen und »Mutter!« riefen.

Mutter war sie, die immer da war. Sie, die kam, wenn Lela schrie, sie, die beruhigte, wenn Lela weinte. Lela – das war der Name, den das Kind bildete, nachdem es sich selbst als ein Wesen, gesondert von ihnen allen, erkannt hatte. Der feierliche Name Manuela war für ihr winzig kleines Mäulchen zu schwer. Sie nannte sich Lela, und dabei blieb es dann auch.

Später hat Lela ein Bettchen mit hohen Gittern, damit sie nicht hinausfallen kann. Es ist dunkel im Raum, nur durch die Türritze dringt von außen her ein Lichtstrahl. Der Raum ist hoch.

Lelas seidenweiche Haare sind fest zurückgebürstet und mit einem Band zusammengebunden. Fast schmerzt es. Draußen geht man hin und her. Unruhe im Haus. Rufen und Antworten und wieder Stille. Lela soll schlafen. Sie liegt auf dem Rücken. Mitten auf der Brust, von ihren beiden Händen umklammer