1. KAPITEL
Frankie Walsh war sich darüber im Klaren, dass die Romantik nur ihrer Generation wegen gestorben war. Sicher, manche Leute sagten, dafür wären Dating-Apps verantwortlich. Und es stimmte durchaus, dass dem ständigen Nach-links-Wischen selbst der kleinste Funken Spontanität und Begeisterung fehlte. Doch egal, ob die Schuld nun bei den Millennials oder den Apps oder den Eltern lag, die ihre Kinder in dem Glauben erzogen hatten, die ganze Welt drehte sich nur um sie, Frankie war absolut sicher, dass die Romantik der Vergangenheit angehörte.
Was wiederum die Frage aufwarf, warum sie mit wild klopfendem Herzen und in der Hoffnung, einen Blick auf ihren Boss, Xander Currin, zu erhaschen vor dem Haupthaus der Currin Ranch herumlungerte. Der Grund war simpel: Sie war eine Närrin. Sie musste eigentlich bloß die Schlüssel zu der Scheune holen, in der die Geräte für die Heuernte gelagert wurden. Xander hatte die Schlüssel netterweise auf einen großen Holztisch am Hintereingang gelegt, genau, wie man es Frankie gesagt hatte. Einer der anderen Rancharbeiter, der gestern bei der Heuernte geholfen hatte, war heute krank und hatte den anderen Schlüsselbund versehentlich mit nach Hause genommen.
Frankie hatte sich so schnell freiwillig dafür gemeldet, die Schlüssel zu holen, dass die anderen Rancharbeiter sie alle schief angeschaut hatten. Wenn sie nicht aufpasste, würde ihre Schwärmerei für Xander auf der ganzen Ranch zum Running Gag werden. Doch dieser Job war ihr zu wichtig, um das zuzulassen. Sie hatte einfach zu hart dafür gearbeitet, zu beweisen, dass sie den körperlichen Herausforderungen gewachsen war.
Getrieben von der Angst davor, ausgelacht zu werden, stopfte sie sich die Schlüssel in die Hosentasche und wandte sich von der riesigen Holzvilla ab. Auf der Wiese hinter einer niedrigen Hecke wartete die lebhafte junge Stute Carmen, auf der Frankie hergeritten war. Die Zeit mit den Tieren war der beste Teil des Jobs und eine wichtige Voraussetzung für das Studium der Veterinärmedizin. Falls sie überhaupt genug Geld zusammenkratzen konnte, um es auch anzutreten.
Dies war ein weiterer Grund, warum Frankie dieser Job so wichtig war, denn ihre anderen Stellen waren freiwilliger Natur. An ihren freien Tagen begleitete sie einen Tierarzt bei seinen Hausbesuchen und half im örtlichen Tierheim aus. Der Job auf der Currin Ranch war ihre einzige bezahlte Stelle.
Sie streichelte der Stute über die Flanke und wollte gerade aufsitzen, als vom Hinterhof Gelächter und Stimmen ertönten. Männlich. Und weiblich. Ihre Intuition drängte sie zum Gehen. Oder vielleicht doch eher dazu, abzuwarten? Sie erkannte die Stimme des Mannes, das warme attraktive Lachen, welches Frankies Herz zum Klopfen brachte. Das Objekt ihrer albernen Schwärmerei.
Doch ein helles weibliches Kichern erstickte jegliche Hoffnungen, die sie bezüglich Xander gehegt hatte. Wie erstarrt beobachtete sie das Paar, das aus dem Gebüsch hervortrat. Xander war in Begleitung einer Blondine in einem leuchtend gelben Kleid, das ihre üppigen Kurven betonte. Als Frankie die Auffahrt – weniger als drei Meter von Frankie entfernt – erreichte, würdigte sie Frankie keines Blickes, während sie Xander zum Abschied zuwinkte. Sie stieg in ein eisblaues Cabrio, das aussah, als ob man damit locker ein Veterinärmedizinstudium finanzieren könnte.
War sie über Nacht hier gewesen? In Frankie stieg die Eifersucht hoch. Sie kämpfte gegen den Drang an, sich wenigstens ein wenig Schmutz von der Jeans zu wischen, und schwang sich stattdessen in den Sattel, obwohl die Stute vom lauten Aufheulen des Motors zurückschreckte.
Frankie beruhigte Carmen, indem sie ihre Seiten leicht mit den Obersche