Schön, dass du da bist
Authentizität ist das neue Buzzword der Welt. Egal, ob man die Manager-Magazine aufklappt oder das dezent nach Räucherstäbchen duftende, esoterische Magazin quasi mit seinen Gedanken öffnet, überall springt einem der Begriff »Authentizität« entgegen. »Sei doch einfach authentisch!«, »Sei du selbst!«, »Sei ein Original und keine Kopie!« und so weiter. Authentizität ist derzeit Trend. Doch wo beginnt die wirkliche Reise zu uns selbst und wo gucken wir uns wieder einfach nur bei anderen ab, was gerade angeblich authentisch ist?
Kennst du diesen Zwiespalt? Auf der einen Seite fühlen wir uns magisch angezogen von der Aussage, uns einfach so zu geben, wie wir wirklich sind, ohne dabei ständig den Bauch einziehen zu müssen: »Oh Gott, wie anstrengend!« Auf der anderen Seite sind wir täglich verwirrter durch den Überfluss an Informationen durch Social Media und Co. Bin ich jetzt wirklich »ich«, wenn ich auf Hipster-Bärte stehe oder gibt mir das die derzeitige Welt vor? Darf ich überhaupt noch alte Werte schätzen oder macht mich das spießig?
Schublade auf, Schublade zu. Kennst du diese Art von Fragen? Sollte ich jetzt lieber vernünftig und gesellschaftlich angemessen handeln oder doch einfach tun, was mein Herz mir sagt, auch wenn es völlig außerhalb der Erwartungen meiner Familie und der Gesellschaft liegt?
Mit 30 ist man verheiratet, hat ein Haus gebaut und möglichst zwei Kinder auf die Welt gebracht? Natürlich genderneutral und vegan, um im aktuellen Trend zu bleiben. Stringente Konzernkarriere ohne Lücke im Lebenslauf – doch nicht so cool? Ist jetzt nicht eher ein Start-up in Berlin oder einer anderen europäischen Metropole viel angesagter? Darf der Bart jetzt noch dranbleiben oder sind doch wieder Milchgesichter in Mode? Oder doch lieber in die Fußstapfen der Familiensippe treten und rein in ein vermeintlich »sicheres« Leben fernab von der eigenen Leidenschaft? Apropos, was war denn noch einmal Leidenschaft und auf welchem Social-Media-Kanal darf ich sie mir anschauen?
Leidenschaft als Abonnement auf Instagram anstatt im wahren Leben. Die Erwartungen anderer sind der Killer für unsere eigene Authentizität. Wir verbiegen uns häufig so sehr, dass wir in einer Show von Cirque du Soleil auftreten könnten, allerdings mit dem Unterschied, dass es bei unserer Performance keinen Applaus gibt, sondern nur Frust, Depression und im schlimmsten Fall: ein Burnout. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Krankenkassen hierzu jährliche Reports veröffentlichen, die einem Angst machen. Burnout- und Erschöpfungsraten verdoppeln sich nicht mehr einfach – laut Studien der Techniker Krankenkasse vervielfachen sie sich zum Teil um das 18-Fache. Das muss man sich einmal vorstellen: nicht verdoppelt, nicht verdreifacht, sondern ver-ACHTZEHN-facht.
Woher ich das alles so genau weiß? Weil es mir selbst viele Jahre in meinem Leben so erging. Ich war viele Jahre selbst nicht ganz im Reinen mit mir und bin