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Wir genossen nur einige Monate des Glücks in unserem japanischen Liebesnest. Einmal in der Woche stattete ich Maude und dem Kind meinen Besuch ab, brachte ihnen das zum Lebensunterhalt Nötige und machte meinen Rundgang durch den Park. Mona hatte ihre Arbeit am Theater und sorgte mit ihrem Verdienst für ihre Mutter und zwei kerngesunde Brüder. Etwa einmal alle zehn Tage aß ich in der französisch-italienischen Imbißstube, meistens ohne Mona, denn sie mußte frühzeitig im Theater sein. Gelegentlich ging ich zu Ulric, um mit ihm eine friedliche Schachpartie zu spielen. Die Sitzung endete gewöhnlich mit einer Diskussion über die Maler und ihre Malweise. Mitunter ging ich einfach aus, um einen Abendbummel zu machen, gewöhnlich durch die Ausländerviertel. Oft auch blieb ich zu Hause, um zu lesen oder Grammophonmusik anzuhören. Mona kam gewöhnlich gegen Mitternacht heim; wir aßen eine Kleinigkeit, plauderten ein paar Stunden, und gingen dann zu Bett. Es wurde immer schwieriger, mich am Morgen zum Aufstehen zu bewegen. Von Mona Abschied zu nehmen, war jedesmal ein Kampf. Schließlich kam es so weit, daß ich drei Tage hintereinander versäumte, ins Büro zu gehen. Dieser Einschnitt genügte gerade, um eine Rückkehr unmöglich zu machen. Wie hätte ich nach drei wunderbaren Tagen und Nächten, in denen ich genau das tat, was mir Spaß machte, gut aß, lange schlief, jeden einzelnen Augenblick genoß, mich innerlich unendlich reich fühlte, jeden Ehrgeiz, mich mit der Welt herumzuschlagen, verlor, darauf brannte, mein eigenes Privatleben zu führen, voll Vertrauen auf die Zukunft war und mit der Vergangenheit Schluß gemacht hatte – wie hätte ich da wieder das Joch auf mich nehmen können? Und außerdem fühlte ich mich sehr in der Schuld Clancys, meines Vorgesetzten. Wenn ich so wenig Biederkeit und Rechtschaffenheit besaß, mußte ich ihm sagen, daß ich es bis zum Hals hinauf satt hatte. Ich wußte, daß er mich dauernd seinem Chef, dem sehr tugendhaften und frommen Mr. Twilliger, gegenüber verteidigte und in Schutz nahm. Früher oder später würde Spivak, der mir immer auf den Fersen war, gegen mich recht behalten. Seit kurzem verbrachte er viel Zeit in Brooklyn, mitten in meinem eigenen Bezirk. Nein, die Suppe schien mir gar gekocht. Es war an der Zeit, ein Bekenntnis abzulegen.
Am vierten Tag stand ich frühzeitig auf, wie um an die Arbeit zu gehen. Ich wartete, bis ich fast fertig zum Aufbruch war, ehe ich mich Mona anvertraute. Sie war so begeistert von der Idee, daß sie mich bestürmte, ohne Aufschub meine Entlassung einzureichen und zum Frühstück zurück zu sein. Es schien auch mir, je rascher ich damit Schluß machte, desto besser war es. Spivak würde bestimmt im Handumdrehen einen andern Personalchef finden.
Als ich im Büro ankam, erwartete mich eine ungewöhnliche Menge von Bewerbern. Hymie war bereits auf seinem Posten, das Ohr am Telefonhörer, stellte er wie ein Wahnsinniger die Verbindungen her. Es gab so viel neue unausgefüllte Lücken, daß er, sogar wenn er eine Armee von Überzähligen zur Verfügung gehabt hätte, trotzdem machtlos gewesen wäre. Ich ging an meinen Schreibtisch, entleerte ihn von meinen persönlichen Habseligkeiten, stopf