PROLOG
Nikos Niarchous angekündigter Besuch im Londoner Büro der Niarchou Leisure Group verursachte hektische Betriebsamkeit unter allen Angestellten. Scheinbar bin ich die Einzige, die sich nicht verrückt machen lässt, dachte Kezia gereizt, als sie die Eingangshalle durchquerte, in der es durchdringend nach Möbelpolitur roch.
„Man könnte fast annehmen, wir erwarten königlichen Besuch“, murmelte sie ihrer Kollegin aus der Finanzabteilung zu, die mit ihr den Lift betrat.
„Ein Besuch vom obersten Firmenchef bedeutet fast dasselbe“, entgegnete Jo Stafford ernst. „Über ein Jahr ist es her, seit er hier war, und der Filialleiter schwitzt Blut und Wasser, aus Angst, wir könnten keinen guten Eindruck machen. Nik Niarchou stellt höchste Anforderungen an jeden Einzelnen seiner Mitarbeiter, vom Topmanager bis hinunter zum Büroboten. Tu bloß nicht so, als würdest du dich nicht an ihn erinnern!“, fügte sie hinzu, da ihre Kollegin kein bisschen beeindruckt schien.
„Ich bin erst nach seinem letzten Besuch in die Firma gekommen“, erklärte Kezia gelassen. „Damals wurde zwar ziemlich viel darüber geredet, aber da ich ihn nicht persönlich kannte, wusste ich damit nichts anzufangen.“
„Trotzdem musst du inzwischen eine Menge über ihn gehört haben“, beharrte Jo. „Zumindest, dass seine Fertigkeiten im Schlafzimmer ebenso legendär sein sollen wie seine Kompetenz in der Chefetage. Die Klatschpresse ist ihm rund um die Uhr auf den Fersen. Ein mächtiger griechischer Milliardär, der nicht nur atemberaubend attraktiv, sondern auch noch Single ist! Kein Wunder, dass er die Schlagzeilen füllt. Besonders jetzt, da er sich auf Dauer in England niederlassen will.“
Jo neigte sich Kezia vertraulich zu, obwohl außer ihnen niemand im Fahrstuhl war.
„Es heißt, er habe sich einen fantastischen Landsitz in Hertfordshire gekauft. Und die Reihe der Bewerberinnen als Herrin auf Otterbourne House soll ellenlang sein.“
Der Fahrstuhl hielt in Kezias Etage, und sie stieg aus. „Gib mir lieber einen Wink, wenn dieser Halbgott hier auftaucht, sonst erkenne ich ihn womöglich gar nicht“, bat sie ihre Kollegin lächelnd.
„Das wird auf keinen Fall passieren“, erwiderte Jo seufzend. „Nik Niarchou ist anders als jeder Mann, der dir bisher begegnet ist, glaub mir …“
Kezia durchquerte eilig den Eingangsbereich der PR-Abteilung und schüttelte beim Anblick der Empfangssekretärin den Kopf, die jede einzelne Tulpe nachmaß und kürzte, bevor sie die Blumen sorgfältig in einer extravaganten Vase arrangierte.
Die ganze Belegschaft spielt verrückt, dachte sie irritiert. Und all das wegen eines einzigen Mannes! Was für ein Tausendsassa das wohl sein mochte? Jo hatte ihn als eine Art griechischen Krösus beschrieben, und Kezia fand es wieder einmal ziemlich bestürzend, wie sehr sich die Menschen von Geld blenden ließen.
In Wirklichkeit war Mr. Niarchou wahrscheinlich mittleren Alters, untersetzt mit einem leichten Bauchansatz. Doch das änderte nichts an seiner Macht als Firmenchef eines gewaltigen Konsortiums. Die viel zitierten hohen Ansprüche an sein Personal ließen Kezia nun doch hoffen, ihr Boss, Frank Warner, würde wenigstens heute rechtzeitig im Büro auftauchen … und möglichst nüchtern!
Um halb elf war Frank immer noch nicht erschienen, und Kezia spürte einen Anflug von Panik. Seit einem Jahr war sie jetzt die persönliche Assistentin des PR-Abteilungsleiters der Niarchou-Gruppe, und sie musste zugeben, dass sich der Job ganz anders gestaltete, als sie es erwartet hatte. Ihr Chef steckte mitten in einem erbitterten Scheidungskrieg und hatte ein Alkoholproblem.
Sie wusste zwar nicht, ob das eine unmittelbar mit dem anderen zu tun hatte, aber es fiel ihr immer schwerer, ihn vor den anderen Mitarbeitern zu decken. Kezia mochte Frank, doch momentan hätte sie ihn in heißem Öl sieden können. Auf dem Weg zur Kaffeemaschine schaute sie durchs Fenster auf den Firmenparkplatz hinunter … seinen Wagen konnte sie nicht entdecken.
„Verdammt, Frank! Wo bleibst du nur?“, brummte sie vor s