2. KAPITEL
„Maledetto“, schimpfte Sebastiano leise vor sich hin und schaltete etwas grober, als er es normalerweise tat. Das Getriebe krachte, als er den dritten Gang unsanft hineindrückte. Der Nachmittag hätte so angenehm werden können – aber die Götter schienen sich gegen ihn verschworen zu haben. Erst der verflixte Anruf von Emilia und dann auch noch eine verrückte Touristin. Eine sehr bezaubernde verrückte Touristin zwar, doch sie hatte absolut den falschen Moment erwischt. Er war gerade viel zu wütend, um freundlich sein zu können.
Wieso hielt sie ihn überhaupt erst auf und tat dann so, als wäre es ein Versehen? Mehr noch! Sie hatte ihn angesehen, als wäre er ein Monster, das sich im nächsten Augenblick auf sie stürzen könnte. Dabei hatte sie doch ihm hinterhergerufen und war zu ihm gekommen und nicht umgekehrt.
Frauen! Wann immer es in seinem Leben holperte, konnte er sicher sein, dass eine Frau ihre Hand im Spiel hatte. Er wusste genau, weshalb er nach dem Desaster mit Alessia beschlossen hatte, Single zu bleiben – das war eindeutig besser für seine Nerven und machte das Leben sehr viel einfacher. Trotzdem hatte dieses zarte blonde Wesen eben ihn durchaus gerührt, wie es so verloren und mit hängenden Schultern in der Haltebucht gestanden und ihm hinterhergesehen hatte.
War er vielleicht doch zu grob gewesen? Ob sie Hilfe brauchte? Aber dann hätte sie es ja sagen können. Und überhaupt, was machte er sich denn Gedanken um eine fremde Frau? Er hatte wahrlich genug eigene Probleme. Schließlich war er kein Ritter, der durch die Gegend ritt und hilflose Frauen aus der Not rettete. Auch nicht, wenn sie aussahen, als wären sie ein vom Himmel gefallener Engel.
Sebastiano ärgerte sich, dass er nicht nachgefragt hatte. Und er ärgerte sich darüber, dass er sich darüber ärgerte. Diese Fremde ging ihn schließlich nichts an, er hatte genug mit seinem eigenen Leben zu tun. Doch seine Gedanken blieben von all seinem Ärger vollkommen unberührt und gingen ihre eigenen Wege. Wie unglaublich hübsch sie gewesen war. Diese langen blonden Haare, die helle Haut und dieser weiche Mund. In ihren blauen Augen hatte sich der Himmel gespiegelt.
Alles an ihr hatte zart, ja beinahe zerbrechlich gewirkt. Doch trotz aller Schüchternheit hatte er in ihrem Blick einen starken Willen entdeckt. Er war ziemlich sicher, dass sie oft unterschätzt wurde, weil sie so zierlich wirkte. Wie sie wohl aussah, wenn sie lachte?
Ungläubig schüttelte Sebastiano den Kopf über sich. Was machte er sich Gedanken über eine wildfremde Frau, die er nie im Leben wiedersehen würde? Sie war nicht verletzt gewesen und hatte auch sonst nicht hilflos gewirkt. Sie würde schon zurechtkommen, beruhigte er sein schlechtes Gewissen, das ihm wiederholt vorwarf, er sei reichlich unhöflich gewesen.
Sebastiano bremste ab und bog auf die Privatstraße ein, die zum Haupthaus des Weingutes führte. Der Kies knirschte unter den Rädern, als er den Pick-up schnell aber sicher die kurvige Straße bergauf steuerte und weiter vor sich hin fluchte. Er ärgerte sich mächtig über die unliebsame Trainingsunterbrechung – ausgerechnet jetzt.
Pino war von Anfang an sehr vielversprechend gewesen und mit Feuereifer bei den Übungen dabei. Wenn sie noch eine Weile trainierten, würde aus dem etwas übereifrigen Junghund einmal ein Trüffelspürhund der Spitzenklasse werden. Was natürlich nicht verwunderlich war, denn er hatte den Welpen beim besten Züchter der Toskana gekauft und der Lagotto Romagnolo brachte von Natur aus eine besondere Begabung für den Einsatz bei der Trüffelsuche mit. Dementsprechend ließen die Züchter sich die Tiere auch bezahlen.
Pino jedenfalls war jeden Cent wert, nicht nur, weil er heute sein Talent beeindruckend unter Beweis gestellt hatte, sondern auch, weil er ein Traumtier mit einem sehr freundlichen und fröhlichen Gemüt war und sich insgesamt extrem lernfreudig zeigte. Sebastiano konnte sich nicht erinnern, je einen Hund gehabt zu haben, der mit nur vier Monaten in seiner Ausbildung schon so weit gekommen war, und das nicht nur in Bezug auf die Trüffelsuche.
Pino forderte es geradezu ein, neue Tricks lernen zu dürfen. Die Grundkommandos wie Sitz, Platz oder Bleib hatte er bereits nach zwei Tagen zuverlässig beherrscht. Inzwischen dachte Sebastiano sich Spiele aus, die den Hund forderten. Er warf drei Spielzeuge gleichzeitig und nannte dann dasjenige, das Pino bringen sollte – kein Problem, für diesen sch