: Rachel Elliott
: Bären füttern verboten
: mareverlag
: 9783866483859
: 1
: CHF 8.70
:
: Erzählende Literatur
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sydney Smith ist Freerunnerin, doch an einen Ort wollen ihre Füße sie einfach nicht mehr tragen: nach St. Ives an der Küste Südenglands. Als sie an ihrem 47. Geburtstag endlich den Aufbruch dorthin wagt, wird sie nicht nur mit dem schmerzhaftesten Moment aus ihrer Vergangenheit konfrontiert, sondern auch mit einer Reihe skurriler Menschen: Zahntechnikerin Maria backt Muffins mit hei-lenden Kräften, Buchhändler Dexter ist mit der Liebe durch und trägt manchmal gerne Kleider, und Belle wohnt mit Ende zwanzig noch immer bei ihren Eltern, trägt 'Ich ? Otter'-T-Shirts, und führt das Hängebauchschwein der Nachbarn aus. Sie alle eint die Frage, wer eigentlich bestimmt, wann unser Leben einen Sinn hat, und ihre Schicksale verweben sich zu einer tröstlichen Geschichte: über Hilfe, die man nur von anderen bekommt, und darüber, wie man weitermachen kann, wenn die eigene Welt sich nicht mehr dreht.

Rachel Elliott, 1972 in Suffolk geboren, ist Schriftstellerin und Psychotherapeutin und war mit ihrem Debütroman Flüstern mit Megafon für den Women's Prize for Fiction nominiert. Heute lebt sie in Bath.

Nennen Sie es, wie Sie wollen, es stinkt trotzdem


Ich bin acht, als ich zum ersten Mal einen toten Menschen sehe. Mum und ich sind im Flannery’s, dem Kaufhaus, in das wir jeden Sommer gehen. Bevor wir den Toten finden, suchen wir nach einem Geburtstagsgeschenk für Dad.

Ich hab’s, sagt Mum. Autohandschuhe.

Diese Worte setzen einen schwierigen Entscheidungsprozess in Gang, der dreiundfünfzig Minuten dauern wird.

Wir stehen vor einem langen gläsernen Tresen und betrachten fünf Paar lederne Autohandschuhe, die alle mehr kosten, als Mum ausgeben möchte.

Drehen wir eine Runde?, sagt sie. Das ist ihr Geheimcode fürIch glaube, wir zwei müssen uns mal unterhalten. In diesem Fall bedeutet erLass uns ein bisschen umhergehen, damit wir in Ruhe überlegen können:

schwarz oder braun

schick oder praktisch

langlebig oder preisgünstig

oder sollen wir ihm eine Origami-Eule basteln?

oder sollen wir ihm eine Pilz-Quiche backen?

Wir durchqueren einen Dschungel aus Unterwäsche, und ich höre ihr zu, ohne sie zu unterbrechen.

Als wir am Aufzug vorbeikommen, taucht wie aus dem Nichts ein Mann auf und hält uns ein Sprühfläschchen mit Parfüm entgegen.

Auf keinen Fall, sagt Mum und hebt die Hand.

Jasmin und Iris, sagt der Mann.

Das bezweifle ich sehr, sagt Mum. Das ist alles künstlich, und wahrscheinlich enthält es Pferdeurin.

Ganz bestimmt nicht, sagt der Mann.

Ist nicht Ihre Schuld. Sie müssen ja auch Ihren Lebensunterhalt verdienen.

Ich schäme mich in Grund und Boden. Das ist nicht das erste Mal, dass sie in aller Öffentlichkeit über Pferdeurin spricht.

Mum?, frage ich.

Ja,