: Henry Mason
: DIe automatische Prinzessin Fantastische Fabeln aus 1001 Nacht - Ein Stück für alle ab sechs Jahren
: Felix Bloch Erben
: 9783961192625
: 1
: CHF 4.50
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: Dramatik
: German
: 137
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein ausend und eine Nacht lang hat Scheherazade den König Schahrayar, der Frauen hasste und Scheherazade wie alle seine vorherigen Frauen nach der Hochzeit aus Rache töten wollte, gefesselt - indem sie ihm Geschichten erzählte. So bezaubernd und so spannend, dass er Nacht um Nacht die Fortsetzung ersehnte. Die Geschichten haben dem König das Herz geöffnet und Scheherazade das Leben geschenkt. In Henry Masons Stück nehmen die Figuren ihre Geschichten selbst in die Hand und erzählen die fantastischen Fabeln aus ihrer Sicht. Ein verwirrend turbulentes, schillernd buntes, packendes und zugleich wunderbar komisches Abenteuer beginnt. Mason zeigt das Geschichtenteilen auf furiose Weise als ein Sich-auf-den-Weg-machen, Sich-Verlieren-und-Wiederfind n. Als Leben und Leben lassen. Man lauscht ihnen, wie sie sich um Kopf und Kragen reden, taucht mit ins kalte Meer vor den finsteren Klippen des Magnetberges, der selbst den stärksten Flotten die dicksten Nägel aus den Planken zieht, nimmt Platz auf dem schwimmenden fliegenden Teppich, der wie ein Rochen durchs Meer gleiten kann, versteckt sich in geheimnisvollen chinesischen Truhen und taucht mit einem aus der Übung geratenen Feuerdschinn aus der Wunderlampe auf. Diamanten, Sand, Juwelen. Eine Dämoneninsel. Vor Blumen überschäumende Gärten. Ein böser Zauberer, misstrauischer Kalif, verwandelter Vater. Ein Orakel. Und drei kluge Frauen, die die automatische Prinzessin und alle Mädchen, Weiber und Frauen von einem gefährlichen Fluch befreien. Und vielleicht haben am Ende die beiden alten Männer, die früher Schwestern waren, auch noch einen Wunsch frei. Aber das ist eine lange Geschichte.

Henry Mason wurde 1974 in London geboren, wuchs in Deutschland und Österreich auf und studierte Theaterpraxis und Germanistik an der Universität von Exeter (GB). Seit 1996 arbeitet er als Regisseur, Autor und Schauspieler für Sprech- und Musiktheater, seit 2001 regelmäßig für junges Publikum. Er inszenierte und schrieb u. a. für die Volksoper Wien, Oper Dortmund, RSAMD Glasgow, Sommerspiele Klosterneuburg, Sommerspiele Melk, Theater Phönix, Landestheater Linz und das Stadttheater Klagenfurt. Mason war Co-Leiter der freien Gruppe Theater Unser (1999-2001), Regisseur des Barockopernprojekts Opera da Camera (1996-2005) und Gründer des Shakespeareprojekts His Majesty's Players (2005-2008). 2007-2009 war er Leiter des uhof: Theater für junges Publikum am Landestheater Linz, 2009-2012 Oberspielleiter und stellvertretender künstlerischer Leiter am Theater der Jugend Wien. 2011 wurde er für den Nestroy-Theaterpreis nominiert.

Erster Akt


Die Spieler sind unterwegs von hier nach dort. Viele Koffer, Kostüme, Masken, Requisiten. Einer von ihnen erblickt das Publikum.

SCHAUSPIELER 1 (BABA)
Ha! Publikum!

Die Spieler eilen erfreut nach vorne und strahlen uns an.

SCHAUSPIELERIN 1 (SHADIYYAH)
Da sind wir also. Wir, und ihr, und die Geschichte.(zu den anderen) Habt ihr die Geschichte mit?

Die Spieler deuten an: „Selbstverständlich!“.

SCHAUSPIELER 2 (DER KUNDE)
Und? Wer fängt an?

SCHAUSPIELERIN 2 (MABUBAH)
Immer der, der fragt!

Musik. Während der folgenden Rede bereiten die Spieler alles für ihr Spiel vor.

DER KUNDE
Die Geschichte vom Wunderladen
. Im Herzen der Stadt Bagdad – die einmal schön war, und friedlich, und froh – liegt ein Basar, der seinesgleichen sucht.(Marktgeschrei) Auf hundert verwinkelten Gassen breiten die Markthändler ihre Waren aus. Wie das duftet! Kardamom und Kaffee, Minze und Honig, Rosenlimonade, frisches Brot! Dort Pfauenfedern! Papageien! Gestreifte Ledermasken, bunte Lampions! Ein Fest fürs Auge! – Im hintersten Winkel des Basars jedoch soll es einen Laden geben, der wahre Wunder bereithält. Wenn wir Glück haben und das Schicksal unsere Schritte lenkt – ein Treppchen hoch, eine Arkade entlang – so entdecken wir auch den Eingang und schlüpfen durch einen schimmernden Glasperlenvorhang in den Laden hinein. Wie kühl es hier ist; angenehm! Unsere staunenden Augen gewöhnen sich ans Schummerlicht und erspähen auf den Regalen der winzigen Zaubergrotte Schriftrollen, Schachbretter, Silberluster, Schwerter, Spiegel glatt wie Eis, Büsten aus grüner Jade, und dort oben, unter der Decke –

Ein sehr alter Mann mit einem sehr langen Barterscheint sehr plötzlich.

DER ALTE MANN
Ich darf behilflich sein? – Ich habe Sie erschreckt. Sie suchen etwas? Ja? Etwas besonderes?

DER KUNDE
Ich, ähm ... Sagen Sie mal, die vielen Lampen hier –

DER ALTE MANN
Aha, aha! Unsere Wunderlampen!

DER KUNDE
Wunderlampen? Ist nicht wahr. Wie in den Märchen, ha? 1001 Nacht?

DER ALTE MANN
Ja, ja! Wenn man an der Lampe reibt, erscheint ein Geist, ein Feuerdschinn, der einem alle Wünsche erfüllt, nicht wahr?

DER KUNDE
Tatsache?

DER ALTE MANN
Welche möchten Sie probieren?

DER KUNDE
Die da!

DER ALTE MANN(klettert die wackeligen Regale hoch)
Diese?

DER KUNDE
Die dahinter. Die sieht noch wundersamer aus.

DER ALTE MANN
Bitte sehr. – Jetzt rubbeln Sie mal. Probieren Sie’s. – Dreimal. Immer dreimal.

Der Kunde rubbelt dreimal, beide zucken mit Vorahnung zusammen. Aber nichts passiert.

DER KUNDE
Gibt wohl heutzutage keine Wunderlampen mehr.

DER ALTE MANN
Sie sind selten geworden. Diese hier – Nun, wir sammeln sie schon lange – seit hunderten von Jahren – aber eine wahre Zauberlampe mit einem echten Feuergeist habe ich nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, damals, als ich ein kleines Mädchen war.

DER KUNDE
Ein kleiner Junge, meinen Sie.

DER ALTE MANN
Seit hunderten von Jahren, ja.

DER KUNDE
Sie sagten: kleines Mädchen.

DER ALTE MANN
... Wie meinen Sie?

DER KUNDE
... Wie sah sie aus, diese Zauberlampe?

DER ALTE MANN
Die war nichts Besonderes. Ein altes Kupferding. Oder Messing vielleicht? Jedenfalls war sie eckig – oder rund – rund! – oder eckig –

DER KUNDE
Nichts Besonderes, sagen Sie?

DER ALTE MANN
Warten Sie, ich rufe meine Schwester, die weiß das, warten Sie! – Mabubah! Kommst du? Kundschaft! – Meine kleine Schwester, die ist weniger verkalkt als ich. – Mabubah!

Ein zweiter sehr alter Mann mit einem ebensolangen Bart erscheint.

DER ZWEITE ALTE MANN (MABUBAH)
Du brauchst so nicht zu schreien. Ich bin nicht taub.

DER E