: John Hänni
: Eine wilde Kindheit
: Mosaicstones
: 9783906959375
: 1
: CHF 12.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das spannende Leben eines Schweizer Jungen im Dschungel von Papua-Neuguinea. Auf einer Insel im Südpazifik aufwachsen, in einem selbstgebauten Kanu durch gefährliche Gewässer gleiten, Schlangen fangen, Stammesfehden erleben, am Lagerfeuer sitzen ...das Leben von John Hänni (Jay H), Sohn von Entwicklungshelfern, scheint ein kleines Paradies - zumindest für Aussenstehende. Nach etlichen Stationen lässt sich John Hänni schliesslich in der Schweiz nieder und blickt als erwachsener Mann von den Berner Alpen nach Papua-Neuguinea - und zurück auf seine Kindheit. Das Buch zeigt Sonnen- und Schattenseiten, unbeschwerte Tage und durchweinte Nächte, herzliche Gemeinschaft und tiefe Einsamkeit eines Kindes - und stellt uns vor Fragen, die für die Zukunft der Entwicklungshilfe zentral sind.

1. EINE WILDE KINDHEIT


Das Feuer knistert im uralten Ofen meiner Alphütte. Ich öffne die kleine Eisentür, blicke in die Glut und greife nach dem Blasebalg, um die Flammen zu wecken. Plötzlich taucht die Erinnerung an eine Begebenheit im Hochland von Papua-Neuguinea auf: Damals hatte ich voller Faszination beobachtet, wie ein einheimischer Junge aus dem idyllischen Nachbardorf mit einem Bambusholzstreifen und einem kleinen Grashalm durch Reibung an einem Stück Holz Feuer entfachte.

Ja, in diesem tropischen, wilden und abgelegenen Papua-Neuguinea bin ich geboren und aufgewachsen. Eine Jugend voller Spannung, Abwechslung und Herausforderung auf einer riesigen Südseeinsel. Meine Eltern wohnten seit 1962 in diesem Land, um Entwicklungshilfe zu leisten. Die medizinische Versorgung war mehr als ungenügend.

In meiner ersten Erinnerung sehe ich mich im Toyota Land Cruiser Allrad mit meinem drei Jahre älteren Bruder Paul. Besorgt beobachtete er mich, als meine fürsorglichen Eltern mit mir über diese löchrige und holprige Hochlandstrasse zum Spital fuhren. Ich bellte auf dem Rücksitz wie ein kleiner Hund. Damals war ich drei Jahre alt und hatte Husten bis zur Atemnot. Im Besprechungszimmer des Spitals kam ein Arzt lächelnd auf mich zu und gab mir den gleichen Hustensirup, den wir auch zu Hause hatten. Erstaunt fragten meine Eltern, ob das alles sei, und konnten sich ein Lächeln kaum verkneifen. Genau so war es mit der Versorgung: ein Mittel für fast alles. Tja, was blieb uns anderes übrig, als diese Buschstrasse wieder zurückzufahren, die wir gerade hinter uns gebracht hatten?

Als ich vier Jahre alt war, kam mein Bruder Daniel zur Welt. Wir waren im Hochland in einer Kleinstadt namens Goroka, als mein Vater mir freudig erzählte, dass Gott uns einen kleinen Jungen geschenkt habe. Ich schaute ihn mit grossen Augen an, denn ich stellte mir gerade vor, wie ein Engel vom Himmel herabkam und durch das Dach des Spitals den kleinen Bruder in das Babybettchen neben meiner Mutter legte. Meine Fantasie ging schon damals mit mir durch …

Das vertraute Bild, wie meine Mutter den kleinen Daniel stillte, hat mich immer sehr fasziniert. Ich selbst war ein sehr lebhafter Junge, war fast immer auf Achse und kam nur zu den Mahlzeiten ins Haus oder wenn es regnete. Wahrscheinlich spürte ich meine Sehnsucht nach Mutterliebe kaum, weil ich sehr selbständig und immer mit irgendetwas beschäftigt war. Es gab keinen Strom, keinen Fernseher und keine Computerspiele – so war ich gezwungen, meine Spielsachen selber herzustellen. Langeweile kannte ich nicht.

Der Gummischlauch eines Autoreifens war einer meiner Favoriten: Stundenlang lief ich diesem rotierenden Schlauch hinterher und stellte mir vor, es sei ein Jeep, der alle Hindernisse überwindet. Er überwand vor allem den Schlamm, sehr zum Leidwesen meiner Mutter. Um die Kleider zu waschen, musste sie alle zwei Wochen einen vollen Tag aufwenden. Zuerst wurde ein riesiger Waschherd mit Holz beheizt. Als Nächstes schöpfte sie das warme Wasser in Wannen, um die Wäsche darin zu wringen. Sie benutz