VORGESCHICHTE: VON DER ERSCHAFFUNG DER WELT ZUR BABYLONISCHEN SPRACHVERWIRRUNG
Als aus dem Nichts eine ganze Welt samt Mann und Frau entstand
1› Am Anfang, vor aller Zeit, als es die Zeit noch gar nicht gab, schuf Gott den Himmel und die Erde. Und danach alles, was dazu gehört, das Wasser, das Licht, die Luft, das Land.
› Zuerst knipste er das Licht an, denn noch war es finster auf der Erde. Es werde Licht, sprach er, und es wurde hell. Der erste Morgen, die erste Nacht, der erste Tag der Weltgeschichte war vollendet.
› Am zweiten Tag trennt Gott das Wasser vom Land, am dritten lässt er Pflanzen aus der Erde wachsen. Am vierten hängt er Leuchten in den Himmel, die Sonne für den Tag, den Mond und die Sterne für die Nacht. Die Zeit ist nun da und kann in Tagen, Monaten und Jahren gemessen werden.
› Am fünften Tag schwimmen Fische, Delfine, Wale, Pinguine und Robben im Wasser. Falken, Adler, Tauben, Spatzen und Schwalben fliegen durch die Luft.
› Am sechsten Tag springen Hasen, Rehe und Hirsche über das Land. Bären, Wölfe, Löwen und Tiger gehen auf die Jagd. Es wimmelt von Leben auf der Welt.
› Aber etwas fehlt noch, ein krönender Abschluss: ein Geschöpf, zu dem Gott eine persönliche Beziehung entwickeln kann, das ihn neugierig machen wird und ihn überraschen kann. Ein freies Wesen, das ihm ähnlich ist, will er nun erschaffen.
› Und so erschafft Gott den Menschen, den Mann, die Frau. Als sein eigenes Ebenbild hat er sie erschaffen. Mit Verstand und einem freien Willen.
› Ihnen gibt er den Auftrag, sich zu vermehren und über die Erde zu herrschen.
› Am siebten Tag ruht Gott sich aus, segnet diesen Tag und erklärt ihn für heilig. Der Ruhetag war erschaffen, die Schöpfung vollendet.
Zwischenruf: Aber was ist mit Adams Rippe, aus der Eva gemacht wurde?
Die Schöpfung vollendet? Das soll schon die ganze Geschichte gewesen sein? Heißt es nicht, Gott habe Adam aus einem Erdenkloß geformt und ihm den göttlichen Odem eingeblasen? Und wird nicht erzählt, Gott habe Eva aus Adams Rippe geschnitten?
Doch, ja, hat er. Aber warum kommt das in dieser Geschichte nicht vor? Ganz einfach: Weil es noch eine zweite Schöpfungsgeschichte gibt, eine ältere. Die jüngere und modernere Geschichte ist soeben erzählt worden. In ihr hält sich Gott auf fast schon wissenschaftliche Weise an die »richtige Reihenfolge«: zuerst die unbelebte Materie, also Erde, Wasser, Licht und Luft. Dann erst können Pflanzen wachsen, danach die Tiere, und ganz zum Schluss die Menschen, und zwar gleich als »Doppelpack« in Form von Mann und Frau, also irgendwie gleichzeitig und gleichberechtigt. Aber Namen haben die Menschen in dieser Version noch nicht.
Die bekommen sie in der zweiten Version, der älteren und anschaulicheren, auf die sich die Maler gestürzt haben. Wer die Bibel zum ersten Mal liest und den Schöpfungsbericht hinter sich gelassen hat, ist nun gespannt, wie es weitergeht. Und wird verwirrt, denn die Bibel fängt wieder von vorne an, erzählt die gleiche Geschichte noch einmal, nur ganz anders.
Gott stiftet eine ewige Beziehung
2› Die Geschichte beginnt zwar auch mit der Zeit, in der Gott Himmel und Erde machte. Aber dann macht er, als ob er es nicht erwarten könnte, gleich den Menschen. Es gibt noch keine Pflanze, kein Tier, keinen Wechsel von Tag und Nacht. Es hat noch nicht einmal geregnet. Nur Dunst steigt auf und befeuchtet die Erde. Und schon macht sich Gott ans Werk, um den Menschen zu erschaffen.
› Er macht es nicht durchs bloße Wort, wie im ersten Schöpfungsbericht, sondern mit Material – wie ein Handwerker. Und so nimmt er nun Staub von der Erde, formt daraus den Menschen und bläst ihm denAtem des Lebens ein. Der erste Mensch der Weltgeschichte erblickt das Licht der Welt. Es ist ein Mann.
› Und jetzt erst nimmt Gott sich Zeit für alles andere. Extra für sein erstes Geschöpf, den Menschen, pflanzt Gott jetzt einen Garten in Eden, bewässert von vier Strömen: Pischon, Gihon, Tigris, Euphrat. Es ist ein schöner Garten, ein »paradiesischer Garten«, wie wir heute sagen würden, voller Leben, voller Schönheit, mit Bäumen, Sträuchern, Pflanzen, Gräsern, die den in ihn hineingesetzten Menschen nicht nur ernähren, sondern auch seine Sinne erfreuen und se