: Nick Hornby
: Just Like You Roman
: Verlag Kiepenheuer& Witsch GmbH
: 9783462301328
: 1
: CHF 4.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Liebe in den Zeiten des Brexits. Es ist das Jahr 2016. Lucy ist 42, Mutter zweier Jungs, Lehrerin. Sie lebt von ihrem Mann getrennt und wählt linksliberal. Joseph ist 22, Aushilfsmetzger, Fußballtrainer und an Politik nicht interessiert. Ausgerechnet diese beiden ungleichen Menschen verlieben sich. Wie heißt es so schön, Gegensätze ziehen sich an ... Der Mensch, mit dem du zusammen bist, ist genau wie du: ähnlicher Background, ähnliches Alter, ähnliche Hobbys und ähnliche Einstellungen. Doch dann geht die Beziehung in die Brüche, und wenn du am wenigsten damit rechnest, verliebst du dich in jemanden, der das genaue Gegenteil verkörpert. Und trotzdem hängt der Himmel voller Geigen. »Wie viele von ihnen liebten Shakespeare? Oder wenigstens das Theater? Wie viele von ihnen kamen, weil sie dachten, sie müssten, oder weil sie dazu erzogen worden waren? Es waren keine jungen Leute in der Kloschlange, aber das lag vielleicht daran, dass sie nicht pinkeln mussten, und es gab nirgendwo Schwarze. Sie sah sich ihre Gesichter an und versuchte zu erkennen, ob einer von ihnen vielleicht für den Brexit gestimmt haben könnte, aber das war schwer zu sagen. Über die Hälfte des Landes hatte für den Brexit gestimmt, und einige von ihnen waren ganz sicher hier. Wie hätte Shakespeare wohl gestimmt? Das war hier die Frage.«

Nick Hornby, 1957 geboren, studierte in Cambridge und arbeitete zunächst als Lehrer. Er ist Autor zahlreicher Bestseller: »High Fidelity«, verfilmt mit John Cusack und Iben Hjejle, »About a Boy«, verfilmt mit Hugh Grant, »A Long Way Down«, verfilmt mit Pierce Brosnan, »How to Be Good«, »Slam« und »Juliet, Naked«, sowie weiterer Bücher über Literatur und Musik. Nick Hornby lebt in London.

2


Noch sieben Minuten Spielzeit, null zu null, und Lucas holte mit dem falschen Fuß aus, verfehlte den Ball komplett und trat dem gegnerischen Außenstürmer in den Bauch, mitten auf dem Spielfeld, direkt vor dem Schiedsrichter. Der andere Junge ging zu Boden, nicht um einen Freistoß herauszuholen, sondern weil es ihm die gesamte Luft und vielleicht auch ein paar innere Organe aus dem Leib gefegt hatte. Joseph mochte Lucas. Er war kein guter Fußballer, und er war nicht besonders helle, aber Joseph trainierte ihn seit drei Jahren, und er hatte nie ein Training oder ein Spiel ausfallen lassen. Er war ein guter Junge, trotz seines Vaters, der kein guter oder auch nur einigermaßen vernünftiger Mann war und der genau wie sein Sohn zu jedem Spiel erschien. Väterlicher Stolz machte ihn oft vorübergehend blind, und als der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt zeigte, feuerte er eine Salve von Beschimpfungen ab, die Joseph nicht schockierte, weil er das alles schon kannte.

»Willst du uns verarschen, Schiri?«

Das wurde in einer solchen Lautstärke gebrüllt, dass der fünfzig Meter entfernt stehende Schiedsrichter sich umdrehte und ihn anstarrte.

»Halt dich ein bisschen zurück, John«, sagte Joseph.

»Hast du das gesehen?«

»Ja, es war ein glasklares Foul.«

Der gegnerische Außenstürmer lag noch immer am Boden und wurde von seinem Trainer ermutigt.

»Er hat ihn doch nicht mal berührt.«

»Er hat sich seit dem Tritt nicht mehr bewegt.«

»Dem geht’s gleich wieder blendend, wart nur ab.«

»Du solltest nicht einmal hier stehen, mein Freund.«

Das stimmte. Er hätte mit den anderen Eltern hinter dem Tor stehen sollen – an der Seitenlinie waren nur Trainer und Ersatzspieler zugelassen. Aber für John galten die Regeln nicht. Lucas war der dritte seiner Söhne, der für die U-12-Mannschaft der Turnpike Lane spielte, er war also schon vor den Regeln dagewesen.

»Schiri. Schiri. Schiri. Schiri. Schiri. Schiri.«

Jetzt ignorierte ihn der Schiedsrichter, also machte er weiter.

»Schiri. Schiri. Schiri. Schiri.«

Endlich schaute er herüber.

»Schiri, du bescheißt doch, wo du kannst.«

Der Schiedsrichter ging neben dem verletzten Jungen in die Hocke, um nach ihm zu sehen; dann drehte er sich um und kam sehr entschlossen auf sie zu.

 

Vor einigen Jahren war Joseph im Einkaufszentrum Wood Green seinem ehemaligen stellvertretenden Schulleiter begegnet, und Mr Fielding hatte ihn gefragt, was er so treibe. »Ah«, sagte Mr Fielding. »Du arbeitest an deinem Portfolio. Das ist die Zukunft. Aber für dich nicht. Für dich ist es die Gegenwart.«

Joseph hatte nicht gewusst, dass es einen Begriff dafür gab oder dass es ihm irgendjemand gleichtat, aber Mr Fieldings Erklärung gab ihm ein besseres Gefühl. Bis zu diesem Augenblick hatte er befürchtet, sich schlicht irgendwie über Wasser zu halten und einen Nebenjob nach dem anderen anzunehmen, um sich vor einem Hauptjob zu drücken. E