: Ali Fatholla-Nejad, Robert Fitzthum, Heinz Gärtner, Joachim Guilliard, Petr Kortunov, Tyma Kraitt, A
: Matin Baraki, Fritz Edlinger
: Krise am Golf Hintergründe, Analysen, Berichte
: Promedia Verlag
: 9783853718773
: 1
: CHF 13.00
:
: Naher Osten
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Rund um den Persischen Golf, der auch Arabischer Golf genannt wird, verschärfen sich die Konflikte. Mit Saudi-Arabien und dem Iran liegen einander zwei Erzfeinde an jenem Meer gegenüber, das als wichtigster Transportweg der fossilen Energieträger dient. Der Irak ist nach fast 20 Jahren Krieg völlig ausgelaugt, während die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar Bombeneinsätze in anderen arabischen Staaten fliegen. Neben den regionalen Konfliktparteien agieren globale Mächte, allen voran die USA, die nach den zerstörerischen Interventionen im Irak (1991 bzw. 2003) als Schutzmacht des saudischen Königshauses auftreten. Geopolitisch auf der anderen Seite steht die zerbrechlichere Allianz zwischen dem Iran und Russland. Als weitere 'Außenseiter' haben sich die Türkei und Israel militärisch in Stellung gebracht, während China mit seinem Projekt der 'Neuen Seidenstraße' auch in der Golfregion wirtschaftlich immer stärker auftritt. Matin Baraki und Fritz Edlinger haben eine Reihe von ExpertInnen zu den brennendsten Fragen der Region versammelt, wobei besonderes Augenmerk auf die wirtschaftlichen Hintergründe und sozialen Auswirkungen der Krise gelegt wird. Das Öl ist längst zu einem Fluch für die Völker der Region geworden. Eine Handvoll Königshäuser und Emire teilen sich auf arabischer Seite die Gewinne aus Erdöl- und Erdgasförderung, während im Iran eine neue Klasse schiitischer Geistlicher eine islamische Republik zu ihren Gunsten verwaltet. Eine Zeittafel und eine ausgewählte Bibliographie beschließen den Band.

Die Herausgeber Matin Baraki, geboren 1947 in Schinah bei Kabul, ist Politologe und Dolmetscher. Fritz Edlinger, geboren 1948 in Wien, ist Generalsekretär der 'Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen' und Herausgeber der Zeitschrift INTERNATIONAL. Im Promedia Verlag sind von ihm zuletzt erschienen: 'Der Nahe Osten brennt. Zwischen syrischem Bürgerkrieg und Weltkrieg' (2016) sowie 'Palästina - Hundert Jahre leere Versprechen. Geschichte eines Weltkonflikts' (2017).

Andreas Krieg



Sicherheit – ein umkämpfter Begriff am Golf


Einleitung


Die Krise am Golf, die die Staaten des Golfkooperationsrats (GCC) seit einigen Jahren spaltet, hat seinen Ursprung in dem geostrategischen Wandel, der mit dem sogenannten »Arabischen Frühling« einherging. Während die alten Regionalmächte Nordafrikas und der Levante unter dem Druck der Revolutionen zerbrachen, verschob sich das Machtmonopol an den Arabischen Golf – in die Hände weitestgehend unerfahrener Monarchen, die mit ihrer neuen Rolle der Verantwortung zunächst überfordert waren. Durch Petro-Dollars finanziell weitaus stabiler aufgestellt und, mit der Ausnahme Bahrains, auch immuner gegen die Welle der Revolte, die nach 2011 über die Region schwappte, hatten die Golfmonarchien mehr Handlungs- und Gestaltungsspielraum in dem postrevolutionären Kontext, um zu experimentieren.

Spätestens nach dem Fall des Gaddafi-Regimes zeigte sich, dass die Staaten des Golfs komplett unterschiedliche Politiken verfolgten, mit anderen Werten, Interessen und ideologischen Narrativen. Vor allem die kleineren aber auch ambitionierteren Golfstaaten, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), standen sich plötzlich auf unterschiedlichen Seiten eines regionalen Stellvertreterkrieges gegenüber. Die Konsequenzen für den Golfkooperationsrat als regionaler Sicherheitskomplex waren verheerend. Was 1981 unter der Schirmherrschaft Saudi-Arabiens als Bollwerk gegen die befürchtete Ausbreitung der islamischen Revolution im Iran begann, ist heute nur noch der Schatten eines Versuchs, die sechs Golfmonarchien unter einem gemeinsamen Sicherheitskonzept zu vereinen.

Heute sind die sechs Staaten des Golfkooperationsrats9, die geschichtlich, sprachlich, religiös, ethnisch und familiär nicht enger miteinander verknüpft sein könnten, durch einen ontologischen Keil gespalten. Die Fragen, wie man Sicherheit und Stabilität regional definieren und erreichen kann, werden von ideologischen Narrativen getrieben. Die Versicherheitlichung von Sachverhalten10 findet nicht mehr auf regionalerGCC-Ebene statt, sondern wird individuell auf nationaler Ebene vorangetrieben. Das Resultat davon ist der effektive Zerfall desGCC als ein Sicherheitskomplex und die Entwicklung eines nationalen oder bilateralen Sicherheitsverständnisses.

Wie dieser Beitrag zeigen wird, hat die Versicherheitlichung des politischen Islam und der Idee von liberaler Zivilgesellschaft ganz besonders zu einem Bruch zwischen Saudi-Arabien und denVAE auf einer Seite und Katar auf der anderen Seite geführt. Riad, Abu Dhabi und Doha, als die drei wichtigsten Protagonisten auf der arabischen Seite des Golfs, haben nach dem Arabischen Frühling die Aufstände gegen autoritäre Regierungen völlig unterschiedlich bewertet. Während Katar den soziopolitischen Wandel als eine Chance sieht, haben vor allem die Emirate und Saudi-Arabien den Schrei der Massen nach mehr sozialer Gerechtigkeit und soziopolitischer Freiheit als eine Bedrohung gesehen. Obwohl das Narrativ des »iranischen Schreckensgespenstes« noch immer viel Resonanz im saudischen Königreich erhält, beschäftigen sich die Sicherheitsagenden der anderen Staaten mehr mit der Rolle von nichtstaatlichen Akteuren in einer Region im Umbruch.

Das Konzept von Sicherheit am Golf


Die Theorie der Versicherheitlichung scheint besonders gut geeignet, um zu verstehen, wie hinter verschlossenen Türen, in kleinen, sehr zentralisierten Kreisen um einen Monarchen am Golf seit jeher Sicherheitslagen und Bedrohungen definiert wurden. Im Sinne der konstruktivistischen Idee ist Sicherheit kein absolutes, sondern ein relatives Konzept, das gesellschaftlich im Rahmen eines Sicherheitsdiskurses konstruiert wird. Die Protagonisten dieses Diskurses bestimmen, wie Sicherheit definiert wird, wer oder was eine Bedrohung darstellt, und wen oder was man wie schützen sollte. Das Konzept von Sicherheit ist hierbei an den Kontext gebunden, in dem dieser Diskurs stattfindet, der wiederum von ontologischen, weltanschaulichen und persönlichen Faktoren der Protagonisten beeinflusst wird. Der »globale Krieg gegen den Terror« nach dem 11. September 2001 ist ein gutes Beispiel dieser Versicherheitlichung, wobei insbesondere durch die amerikanische Bush-Regierung die Welt in Freunde und Feinde unterteilt und der gesamte Sicherheitsapparat derUSA für die Bekämpfung dieser einen immateriellen und ungreifbaren Bedrohung gleichgeschaltet wurde.

In den autokratischen Mon