: Levi Israel Ufferfilge
: Nicht ohne meine Kippa! Mein Alltag in Deutschland zwischen Klischees und Antisemitismus
: Tropen
: 9783608120097
: 1
: CHF 12.60
:
: Gesellschaft
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit Chuzpe gegen den Hass Ohne Kippa geht Levi Ufferfilge nicht aus dem Haus. Tagtäglich bestreitet er mit dem kleinen Stück Stoff auf dem Kopf seinen Alltag. Doch das Sichtbarsein als Jude bleibt nicht ohne Folgen: Antisemitische Anfeindungen, Beleidigungen und kuriose Begegnungen aller Art. Eine erhellende wie schockierende Erzählung über das Jüdischsein in Deutschland heute. Levi Ufferfilges »Käppchen«, wie seine Großmutter liebevoll zu sagen pflegt, ist sein ständiger Begleiter. Die Kippa ist nicht nur sein liebstes Kleidungsstück, sondern sie erinnert ihn auch an die Zugehörigkeit zum Volk Israel, seiner Religion, seiner Kultur und daran, dass stets etwas über ihn wacht. Damit gehört er zu den wenigen Deutschen, die sichtbar als Juden zu erkennen sind. Dass es immer noch gefährlich sein kann, seinen Glauben so offen zu zeigen, hat auch er zu spüren bekommen. Ob im Zug, beim Einkaufen oder auf der Straße, oft muss er als Dauer-Interviewpartner, als Zuhörer und Tröster herhalten und ist Projektions- und Angriffsfläche für allerhand Klischees über Juden. Manchmal ist es schwer, das auszuhalten. Doch Levi Ufferfilge lässt sich die Freiheit nicht nehmen, seine jüdische Identität offen zu zeigen. Damit ist er auch seinen Schülerinnen und Schülern ein Vorbild. Er lebt vor, wie man Religion, ihre Rituale und Traditionen, mit einem modernen Leben zusammenbringen kann und trägt damit dazu bei, das großartige jüdische Erbe wiederzuentdecken.

Levi Israel Ufferfilge, geboren 1988 im nordwestfälischen Minden, hat Jüdische Studien und Jiddistik studiert. Nach seiner Promotion ist er heute als Schulleiter der Jewish International School - Masorti Grundschule in Berlin tätig. Über seine Erfahrungen als sichtbarer Jude schreibt er auf Twitter unter dem Hashtag #juedischinschland und auf Facebook, wo seine Anekdoten eine große Leserschaft haben.

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Am Anfang gab es keine Kippa


Im westfälischen Nirgendwo, das Torfbauern Generationen zuvor einem riesigen Moor abgerungen hatten, bin ich so deutsch aufgewachsen wie jeder andere Dorfbewohner, für den die deutsche Leitkultur die Summe all dessen ist, was sein Leben ausfüllt: nicht hehre Ideale demokratischer Freiheiten, humanistischer Bildung oder Dichter-und-Denker-Hochkultur, sondern das Schimpfen über das viel beschworene schlechte Wetter Westfalens, Plaudereien über die frisch geernteten Bohnen aus dem Gemüsegarten, den Frühschoppen im Gasthof, die alte Kegelbahn, den Jahrmarkt mit Viehverkauf am Samstag, den G’ttesdienst am Sonntag, die totgeglaubte Mundart und das Trinken und Schießen im Schützenverein.

Es mag bitter klingen, doch in meiner Kindheit und Jugend begriff ich die Region, in der ich aufgewachsen bin, als post-jüdisch. In meinem Heimatort gab es – spärlich sichtbar jüdisch – nur mich mit meiner Kippa auf dem Kopf, die meine Großmutter liebevoll »Käppchen« nennt, und den in einem kleinen Waldstück gelegenen jüdischen Friedhof, den bis heute nahezu niemand unter den protestantischen Dorfbewohnern kennt. Die ehemalige Synagoge ist heute ein Wohnhaus ohne Erinnerung an seine sakrale Funktion oder das jüdische Leben, das in ihm weilte. Jeder jüdische Besitz ist einst unter Wert verkauft und geraubt worden. Viele Jüdinnen und Juden, deren Kultur bis zum Nationalsozialismus für fast alle Dorfbewohner Te