: Miguel Gutierrez
: Andere Länder - andere Bärte Die Reisen des Nomad Barber
: Polyglott, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
: 9783846407837
: POLYGLOTT Abenteuer und Reiseberichte
: 1
: CHF 13,10
:
: Reiseberichte, Reiseerzählungen
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Ich werde immer reisen und meine Schere mit mir.' Mit seiner Schere im Gepäck macht sich der Barbier Miguel Gutierrez auf in die Welt, um seinen zwei Leidenschaften nachzugehen: der Haarpflege und dem Reisen. Sein Weg führte ihn durch 30 Länder rund um den Globus. Überall stellte er seinen Friseurstuhl auf, überall sprach er mit einheimischen Friseuren und erkundete die Bedeutung und Tradition seines Handwerks in aller Welt. Damit taucht er ein in die Lebenswelten der Bewohner verschiedenster Länder und kommt ihnen näher, als man das auf einer gewöhnlichen Reise je könnte. Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an ein Handwerk und an die Menschen, die Miguel unterwegs trifft. Das Ritual des Frisierens und der Bartpflege erhält in diesem Buch eine eigene  Faszination und erklärt ein wenig den enormen Trend, den die Barbershops auch Hierzulande erleben. Als Nomad Barber hat Miguel sie auf seinem Youtube-Kanal in einer Webserie dokumentiert und schnell eine große Fangemeinde gewonnen. Zahlreiche authentische Fotografien geben Einblick in diese Welt und wecken eigenes Fernweh.

Miguel Gutierrez ist in Liverpool geboren. Früh entdeckte er seine Reiseleidenschaft ehe er mit 16 seine Karriere als Barber begann. Schließlich war es nur ein kleiner Schritt, das Abenteuer 'Nomad Barber' beginnen zu lassen: diese Reise um die Welt, die auf Youtube so viele begeisterte. Neben seinen erfolgreichen Social Media Auftritten erfüllte sich ein weiterer Traum: die Eröffnung zweier eigener Barbershops in Liverpool und im hippen Berlin-Kreuzberg.

Ein Haarschnitt bei Sonnenuntergang auf dem »Sunrise Point« in Göreme, im wunderschönen Kappadokien.

TÜRKEI


Blick von einem Schiff auf die Bosporusbrücke. Sie verbindet den europäischen mit dem asiatischen Teil Istanbuls.

BEI MEINER RECHERCHE VOR DER REISE war die Türkei eines der wenigen Länder, aus denen ich auf YouTube etwas über die Barbierszene gepostet gefunden hatte. Zu sehen, dass dort so viel mehr Wert auf Service gelegt wurde als anderswo, war ein richtiges Aha-Erlebnis für mich. Mit dem zunehmenden Einfluss türkischer Barbiere in Großbritannien hatte ich selbst erleben können, wie wichtig Barbierläden für die türkische Gesellschaft waren. Schon allein deshalb MUSSTE ich auf meiner Reise hin! Ich kannte das Land noch nicht, aber schon bei meiner Recherche merkte ich, dass dort nicht nur die Barbierkultur quer durchs ganze Land außerordentlich lebendig war – die türkische Kultur insgesamt fand ich zutiefst beeindruckend.

ISTANBUL


Wir kamen mit dem Bus in Istanbul an. Die Geräusche und Gerüche dort versetzten mich in eine Erregung, die ich lange nicht mehr gespürt hatte. Unbekannte Orte habe ich auf Reisen schon immer aufregend gefunden, Orte, an denen man das Unerwartete zu erwarten hat und die einen aus der eigenen Komfortzone schubsen.

Wir mieteten uns in der Nähe des Taksim-Platzes ein, lustigerweise in einem von Griechen geführten Hostel. Als wir bei der Ankunft erzählten, dass wir zum ersten Mal in Istanbul seien, sagte der Mann an der Rezeption streng: »Das ist Konstantinopel!« Er war ein Nachfahre der alten Griechen, von denen diese Stadt einst bevölkert war und die heute Istanbul heißt. Er spielte griechische Musik, servierte griechisches Frühstück und traf sich jeden Abend mit seinen griechischen Freunden zum Essen auf der Terrasse. Ich muss gestehen, dass ich von der wechselvollen Geschichte dieser uralten Stadt bis dahin kaum etwas gewusst hatte.

Da wir im Vorfeld mit keinem Barbier Kontakt aufgenommen hatten, versuchten wir auf gut Glück, in einem Laden ein Interview anzufragen, scheiterten aber an der Kommunikation – eines der Hauptprobleme, das uns auf der Reise immer wieder zu schaffen machte. Ohne Hilfe bei der Übersetzung waren wir aufgeschmissen. Der junge Mann, von dem ich mich schließlich rasieren und mir die Haare schneiden ließ, gab mir sehr nett zu verstehen, dass er nicht interviewt werden wollte (wobei ich ziemlich sicher bin, dass er nicht verstand, worauf wir hinauswollten).

Recep und ich in seinem Laden. Einer der freundlichsten und warmherzigsten Barbiere, die ich kennengelernt habe.

Kuaför Recep


Am nächsten Tag durchstreiften wir die Straßen in der Nähe des Großen Basars und schauten, ob uns irgendwo ein Barbierladen besonders auffiel. Schließlich landeten wir in einer kleinen Seitenstraße, wo an einem Haus groß KUAFÖR geschrieben stand. Ein Mann saß davor, und als wir näherkamen, begrüßte er uns freundlich. Er sagte »Hello« und ich »Merhaba«. Ich versuchte ihm mitzuteilen, dass ich selbst ein Barbier sei, und er machte »ohhhh« und klatschte wie zum Beifall in die Hände. Das fand ich recht seltsam, aber nachdem einer seiner Freunde uns mit Google Translate ausgeholfen hatte, stellte sich heraus, dass er mein englisches »barber« für »baba« (Vater) gehalten hatte.

Wir wurden in den kleinen, bescheidenen Laden eingeladen und von einem Mann begrüßt, den ich heute als Recep kenne. Er war einer der freundlichsten und warmherzigsten Barbiere, denen ich auf meinen Reisen begegnet bin. E