Der Einbrecher
Es war mucksmäuschenstill im Haus. Die Frau lag im Bett. Sie legte das Buch, in dem sie gelesen hatte, auf den Nachttisch und knipste das Licht der kleinen Lampe aus. Sie räkelte sich noch einmal, und dann schloss sie die Augen. In diesem Moment hörte sie ein Geräusch.
Sie hätte es nicht definieren können, doch es war etwas, was eine ohnehin ängstliche Person, die sich nachts alleine im Hause befindet, durchaus erschrecken konnte. Jemand oder etwas bewegte sich im Hause, soviel war ihr klar. Die Frau blieb still und horchte in die Dunkelheit.
Eine Zeitlang hörte sie nichts, dann schien es ihr, als ob sie das Geräusch schlurfender Schritte hörte. Sie war sich nicht sicher, doch dann nahm sie ein lautes Rumpeln wahr.
Eine schwarze Gestalt hatte das Geräusch dadurch verursacht, dass sie gegen einen alten Stuhl stieß, den sie im schwachen Licht der Taschenlampe nicht rechtzeitig bemerkt hatte. Es war ein Einbrecher. Er war durch ein unverschlossenes Kellerfenster eingestiegen und befand sich gerade in der Waschküche. Vorsichtig suchte er die Stufen der Treppe, die in das Erdgeschoß führten. Die hölzernen Tritte knarrten. Der Einbrecher stieg langsam die Treppe hinauf und trat dabei nicht auf die Mitte der Stufen, sondern auf die Seiten, dicht an der Wand, um so wenig Geräusche wie möglich zu erzeugen. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass zumindest ein Teil der Geräusche bis in das Schlafzimmer drang.
In der Dunkelheit funktioniert das Gehör besser, weil es durch optische Wahrnehmungen nicht abgelenkt wird; die Frau hörte deutlich, dass jemand die Treppe aus dem Keller hinaufstieg.
Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Sie zog die Decke über ihr Gesicht, als ob diese leichte Decke sie vor irgendetwas schützen könnte. Ihr Körper begann zu beben und zu zittern und sie atmete so vorsichtig, dass sich die Bettdecke nicht einen einzigen Millimeter bewegte.
Die Tür, die von der Kellertreppe in die Diele führte, war nicht verschlossen. Der Einbrecher öffnete sie langsam, und auch sie knarrte ein wenig. Die Frau hörte dieses Knarren und konnte es auch deuten. Sie wusste, dass sich jemand in der Wohnung befand. Sie grub sich tiefer in ihre Kissen und blieb reglos liegen.
Weitere Geräusche drangen zu ihr nicht mehr durch. Die dicken Teppiche verschluckten alles. So wusste sie auch nicht, wo sich der Eindringling im Moment befand, sie wusste nur eines mit absoluter Sicherheit: Es war ein Einbrecher.
Erst als das Licht der Taschenlampe auf ihr Gesicht fiel, hatte sie begriffen, dass sich der Eindringling bereits im Schafzimmer befand und dass sie ihm völlig wehrlos ausgeliefert war.
»Keine Bewegung! Und keinen Laut!«, zischte der Einbrecher und schaltete die Deckenbeleuchtung ein. Er stand in der Tür. Er trug ein schwarzes Ganzkörpertrikot, das die Umrisse seines muskulösen Körpers erkennen ließ. Sein Kopf war mit einer schwarzen Maske bedeckt, in die nur zwei Öffnungen geschnitten waren. Durch diese funkelten seine Augen. In der rechten Hand hielt er eine Pistole, die jetzt direkt auf die Frau gerichtet