Après-Ski
Ich würde nie in eine andere Gegend zum Skilaufen fahren. Schneemenge, Anfahrt, Unterkunft und die Gäste hatten mich bisher immer so begeistert, dass ich gar nicht mehr heim wollte. Es gibt Häuser wie dieses, da passt alles zusammen. Aber mancherorts läuft es auch anders, was für die Gäste eine knifflige Angelegenheit sein kann. Der Hotelwirt kann ja schließlich nichts dafür, wenn sich Leute hier anmeldeten, die nicht in die Gesellschaft passten, die ich bevorzuge. Buchungen gehen ja heutzutage online vonstatten, und ich weiß von anderen Häusern, dass die Gästeschar mitunter so bunt zusammengewürfelt ist, dass abends keine Stimmung aufkommen kann. Man kann sich ja leicht vorstellen, was herauskommt, wenn die Altersspanne zu groß ist, die Bildung zu unterschiedlich ausfällt und die Interessen weit auseinandergehen. Es machen nämlich nicht nur Skiläufer in den Wintersportzentren Urlaub, sondern auch Leute, die ein größeres Gewicht den Stunden après ski beimessen. Abstauben, was nach dem allabendlichen Trinken und Tanzen übrig bleibt, heißt dann die Devise. Und das ist wahrlich nicht der Ort, an dem ich Urlaub machen möchte.
Der Laitnerhof ist schon allein deswegen meine unabänderliche Zieladresse, weil das Publikum durchweg aus Gästen zwischen fünfundzwanzig und vierzig Jahren besteht und ganz leicht gehoben ist, was offensichtlich an dem Preisniveau liegt, das spürbar über dem Ortsüblichen liegt. Letztes Jahr hatte ich hier einen Mann kennengelernt, den ich um ein Haar zu mir nach Frankfurt genommen hätte. Erst im letzten Moment, als es um die Frage ging, sich zu binden und zusammen zu bleiben oder nicht, ließen wir die Vernunft walten, und jeder ging schließlich seine Wege. Aber immerhin handelte es sich um eine Bekanntschaft, an die ich mich gern erinnere.
Als ich meinen Wagen im Hof des Hotels abstellte, hatte ich das Gefühl, dass ich eine ähnliche Bekanntschaft machen würde. Man kann ja solche Vorahnungen nicht erklären, und deshalb behalte ich normalerweise so etwas grundsätzlich für mich, aber meine innere Stimme sagte mir, ohne dass es den geringsten Zweifel gab, dass ich mich auf etwas gefasst machen sollte.
Mein Faible für solche esoterischen Dinge hält sich schon allein aus beruflichen Gründen sehr in Grenzen. Aber mit diesen Ahnungen hat es etwas ganz Verrücktes auf sich. Man tut sie als Humbug ab, solange sie einen nicht berühren, aber wenn sich andeutet, dass sie positiv sind und wahr werden, greift man nach jedem Strohhalm aus der Hellseherkiste, weil man unbedingt wissen will, was einem da Gutes widerfahren könnte.
Ich checkte ein, ließ mir den Schlüssel geben und kümmerte mich um mein Gepäck. Dann ließ ich mich auf mein Bett plumpsen und entspannte mich. Der morgige Tag auf den Brettern würde mir körperlich alles abverlangen. Unverkrampft zu sein und die Muskeln zu lockern, das hatte ich bereits in den Jahren zuvor gelernt, war eine unabdingbare Voraussetzung, um das Skifahren zum Genuss zu machen. Die elfmonatige Zeit am Schreibtisch ließ einen sowieso so steif auf den Brettern stehen wie eine Puppe aus Draht.
Am anderen Morgen begab ich mich gleich nach dem Frühstück in eines der Nebengebäude, wo sich die Kursteilnehmer trafen. Obwohl ich mit meinen fahrerischen Leistungen ganz zufrieden bin, buche ich aus verschiedenen Gründen immer einen dreitägigen Kurs. Es erscheint mir nämlich wichtig, nach einem Jahr Pause den Einstieg vernünftig hinzubekommen. Das betraf zum einen die fahrerischen Leistungen, zum anderen die persönliche Fitness. Ich spürte ja am eigenen Körper, dass die wenigen Muskeln, die ich mit meinen fünfundfünfzig Kilogramm Körpergewicht besaß, nicht geschmeidig genug waren, um den Belastungen beim Skifahren standzuhalten. Schließlich woll