Kapitel 1
Es war einfach ein wunderbares Leben, das wir auf La Bonnaire hatten. Ich weiß, Paris zu verlassen, um in einer unserer französischen Kolonien zu leben, ist nicht jedermanns Sache. Viele meiner Bekannten, die den Schritt gewagt haben, haben nach wenigen Monaten alles wieder aufgegeben und sind nach Frankreich zurückgekehrt. Das Klima war ihnen zu heiß, zu feucht, zu windig oder zu trocken. Aber Paris war uns in den Wintermonaten zu feucht und zu kalt und vor allem zu dunkel.Chacun à son gout – jeder nach seinem Geschmack.
Wir, das sind Marlyse und ich, Odette, beide auf den Tag vierzig Jahre alt, denn wir sind Zwillinge. Marlyse war mit Jean-Luc verheiratet, ja, glücklich verheiratet, bis er vor vierzehn Jahren bei einer Demonstration gegen den rechten Pöbel mitten in Paris von einem Pflasterstein tödlich verletzt wurde. Die Sache ging damals durch die Presse, aber das half meiner Schwester auch nicht weiter. Sie bekommt jetzt eine Witwenrente und trauert ihrem Mann nach. Helfen kann ihr das nicht, denn was sie braucht, ist ein neuer Partner, aber der ist nicht in Sicht.
Ich war schon immer solo, was kein Zufall ist. Meinen Schwarm, den Sohn des Baulöwen Pierre Lacombe, habe ich nicht gekriegt, ausgenommen in der Nacht, in der er mich entjungfert hat. Danach war Schluss, und ich vagabundierte von da an von einem Schwanz zum anderen, was in meinem Alter eine mühevolle Unternehmung ist, denn so gut wie alle Männer, die routiniert im Ficken sind, sind verheiratet. Zumindest aber erspart sie mir das ganze Drumherum von gemeinsamen Ausflügen bis zum Hosenbügeln.
Ach ja, La Bonnaire. Das Gut besteht aus einem Landhaus und zwei Nebengebäuden, die man bestenfalls als Stallungen bezeichnen könnte, und liegt auf der Insel Martinique, ist französisches Territorium und eine der Antilleninseln. Sie liegt also vor der Nordküste Südamerikas, mitten in der Karibik. Die Insel bietet eine grandiose Natur, eine Infrastruktur, die unseren Ansprüchen genügt, und genügend Lebensqualität, um es hier lange auszuhalten. Das einzige, das wir hier nicht in den Griff kriegen, ist unser sexueller Appetit. Wir befinden uns ja in den besten Jahren, und ewig mit den eigenen Fingern oder einem Gummischwanz an uns herumzufummeln, ist auf Dauer auch nicht das, was wir uns unter einem befriedigenden Sexleben vorstellen.
Wenn uns unsere eigene Lust zu sehr bedrängt, packen wir unsere Sachen und kutschieren mit dem Auto in den Süden nach Fort-de-France, der Hauptstadt mit den mit Abstand meisten Einwohnern. Hier findet man ein ausgeprägtes Nachtleben, und wo nachts die liebeshungrigen Menschen unterwegs sind, da müssen sie auch tagsüber sein. Wir kennen inzwischen ein paar nette Bars, wo sich eben solche Menschen treffen. Die Typen, die hier so herumschwirren, sind nicht das Gelbe vom Ei, mehr Männer, die in der gleichen Situation sind wie wir und nur etwas zum Pimpern suchen. Aber für den schnellen Fick ist das okay. Wenn wir nach drei Tagen wieder zurückkehren auf unser Anwesen La Bonnaire nördlich von Marigot, das auf der offenen Seite zum Atlantik liegt, sind wir immer für eine oder zwei Wochen gesättigt, und dann gehen wir erneut auf Suche.
Es mag unglaubwürdig klingen, dass uns jedes Mal der Sex für zwei Wochen gereicht hat? Ich will es erklären. Es liegt an den Maßen, der Ausdauer und vor allem den Praktiken der Einheimischen. Die Männer, allesamt Nachfahren afrikanischer Sklaven, sind durchweg anatomisch gut ausgestattet. Wer sich zwanzig Jahre durch die Welt gevögelt hat wie ich, weiß, welche Unterschiede es gibt. Der karibische Mann ist, und das sage ich hier unverblümt, einfach besser ausgestattet als sein europäisches Gegenstück. Größere Eichel, bulliger Schaft, mächtige, schwere Eier. Aber das ist nicht ausschlaggebend. Er ist einfach auch der besser