3 Zentrale Aspekte – Beziehung, Bindung, Vertrauen, Selbstbestimmung und neurobiologische Faktoren
Auf der Grundlage unserer eigenen, in den frühen Lebensjahren erworbenen Bindungsmuster und den sich daraus entwickelnden bewussten oder unbewussten Interaktionsstrategien entstehen unsere sozialen Beziehungen zu anderen Menschen, die – je nach Art und Ausprägung der Beziehung (z. B. beruflich oder privat) – von mehr oder weniger großem Vertrauen geprägt sind.
Bestandsaufnahme der eigenen Beziehungsmuster
Bevor wir nun in diesem Kapitel und im weiteren Verlauf des Buches auf die Kinder und Jugendlichen in unserer Klasse blicken, lohnt es sich zunächst eine Bestandsaufnahme der eigenen „Beziehungsmuster“, der eigenen Bindungspräferenzen und auch des eigenen „Umgehen-Könnens“ mit Vertrauen vorzunehmen. Denn, ob wir das möchten oder nicht, in jede sich neu entwickelnde Beziehung zu einem anderen Menschen, den wir z. B. im beruflichen Kontext in der Schule aufbauen, fließen unweigerlich eigene Anteile mit hinein. Eine Professionalisierung der Beziehungsgestaltung kann somit nicht ohne die Reflexion der eigenen verinnerlichten Beziehungsbedürfnisse erfolgen.
Zu diesem Zwecke sollen zunächst einige Leitfragen dazu beitragen, diese Selbsterkundung ein Stück weit zu unterstützen. Die theoretischen Fundamente und relevante Forschungsergebnisse zu den Themen Vertrauen, Bindung und Beziehungsaufbau werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels ausführlich zusammengefasst.
Ziel
Das Ziel dieser Angebote zur theoriegeleiteten Selbstreflexion ist es dabei immer, für sich und somit im Schulalltag in der unmittelbaren Interaktion mit SchülerInnen zügig abklären zu können, welche (Beziehungs-)Anforderungen die SchülerInnen an das Be- und Erziehungsverhalten der jeweiligen Lehrkräfte stellen. Wenn wir diese Anforderungen frühzeitig erkennen, dann können wir auch – im Wissen um unsere eigenen bevorzugten Beziehungsbedürfnisse – situativ sensibel und professionell reflektierend den Beziehungsaufbau wirksam unterstützen. Dem Kind können wir dadurch – wohlgemerkt ohne sich selbst dabei aus den Augen zu verlieren – für den Entwicklungsstand und den Beziehungsaufbau passende, jedoch nicht zwingend komplementäre, bindungsbezogene Erfahrungen ermöglichen.
Womöglich ist es sogar für die Entwicklung gerade von Kindern und Jugendlichen mit herausfordernden Verhaltensweisen wesentlich, dass wir ihnen erweiterte zwischenmenschliche Erfahrungen ermöglichen, die den verinnerlichten Bindungskonzepten in einem geschützten Rahmen Alternativen gegenüberstellen.Schleiffer (2009, 222) formuliert hier treffend:
„Ein komplementäres, mithin erwartungskonformes Verhalten von Seiten des profes