: Beate Maly
: Elsas Glück Roman
: Blanvalet
: 9783641260743
: Die Sonnsteins
: 1
: CHF 7.90
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 480
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Elsa Sonnstein - das Lachen der Kinder ist ihr größtes Glück: historische Unterhaltung für den Sonntagnachmittag.
Wien, 1928: Elsa Sonnstein ist eine junge Frau, die am liebsten die ganze Welt verändern möchte. Sie studiert Psychologie und Pädagogik an der Universität und kann es gar nicht abwarten, das Erziehungswesen zu revolutionieren. Schon Elsas Mutter Lotte war eine starke Frau, die über zwanzig Jahre zuvor zusammen mit der berühmten Mizzi Kauba die erste Skimode für Frauen erfand. Aber auch Elsas Tatendrang kann nicht verhindern, dass sich so einige dunkle Wolken über der Familie Sonnstein zusammenbrauen. Und Elsa stößt auf ein Geheimnis, das sie mehr als erschüttert ...

Beate Maly, geboren und aufgewachsen in Wien, arbeitete zunächst als Kindergärtnerin und in der Frühförderung, bevor sie mit dem Schreiben begann. Neben Geschichten für Kinder und pädagogischen Fachbüchern hat sie inzwischen elf historische Romane geschrieben und fünf historische Krimis.

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Pädagogisches Institut

Ein Handkarren blockierte die Gleise, und die Tramway blieb direkt vor dem Wiener Burgtheater stehen. Nervös lehnte sich Elsa aus dem Fenster. Eine ganze Ladung Salzgurken und Sauerkraut war auf der Straße gelandet. Die Flüssigkeit versickerte zwischen den Pflastersteinen. Der arme Junge, dem das Missgeschick passiert war, stand händeringend daneben und betrachtete fassungslos das Malheur. Saurer Essiggeruch stieg durch die offenen Fenster ins Innere des Waggons. Elsa rümpfte die Nase. Sie war wieder einmal zu spät dran. Leider gehörte Pünktlichkeit nicht zu ihren Stärken. Angespannt warf sie einen Blick auf ihre neue Armbanduhr, die sie letzte Woche zum zweiundzwanzigsten Geburtstag von ihren Eltern bekommen hatte. »Damit du nicht ständig zu spät kommst«, hatte ihr Vater, Jakob Sonnstein, gesagt. Das Geschenk würde ihr heute nicht weiterhelfen. Diesmal war es nicht Elsas Schuld, dass sie sich verspätete. Sie hatte nicht vorhersehen können, dass sich auf der kurzen Strecke von der Universität zum Burgring ein Unfall ereignete. Wenn Elsa jetzt ausstieg und einen Teil der Strecke lief, würde sie es vielleicht noch rechtzeitig zum Beginn der Vorlesung in den Hörsaal schaffen.

Sie stand auf und drängte zum Ausgang. Zum Glück hatten die Waggons der Elektrischen offene Plattformen ohne Türen. Elsa konnte abspringen. Vor ihr lag der Wiener Rathauspark, dahinter erhob sich der neugotische Prunkbau mit seinen zahlreichen Türmchen und Erkern. Mit dem Blick auf den Rathausmann, einer riesigen Ritterfigur auf der Spitze des höchsten Turms, setzte Elsa zum Sprung an. Doch mitten in der Bewegung hielt eine unfreundliche Stimme sie zurück: »Halt! Das Ein- und Aussteigen ist nur an den Stationen gestattet.«

Elsa blickte in das grimmige Gesicht einer Schaffnerin, die im hinteren Teil des Wagens, etwas erhöht, hinter einem Schalter saß und von ihrem Platz aus den ganzen Waggon unter Kontrolle hatte.

»Die Straßenbahn steht doch.« Elsa versuchte es mit ihrem charmantesten Lächeln und appellierte an das Mitgefühl der Frau. »Ich muss ganz dringend zu einer Veranstaltung. Können Sie nicht eine Ausnahme machen? Sie schauen kurz zu den Essiggurken auf der Straße, und ich steige aus? Bitte!«

Doch der Versuch prallte an der unfreundlichen Schaffnerin ab. »Vorschrift ist Vorschrift. Wo komma denn da hin, wenn ein jeder Fahrgast a Ausnahme haben will. Nehmen’s gefälligst wieder ordentlich Platz, so wie es sich ghört. Es wird no a bisserl dauern.«

Sollte Elsa sich über die Vorschrift hinwegsetzen und einfach abspringen? Sie erblickte einen Polizisten, der am Straßenrand stand und den Ablauf des Salzgurkenunfalls auf einem kleinen Notizblock festhielt. Seufzend ließ Elsa es bleiben. Es war zwecklos. Sie wollte sich nicht mit dem Hüter des Gesetzes anlegen. Die Schaffnerin konnte sie nicht überzeugen. Noch vor ein paar Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass Frauen in Männerberufen tätig waren. Di