: Ann Quin
: Berg Roman
: marixverlag
: 9783843806299
: 1
: CHF 10.70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Ein Mann namens Berg, der sich in Greb umbenannte, kam in eine Küstenstadt, mit der Absicht seinen Vater zu töten ...' So beginnt Ann Quins verrückt-lustiger Debutroman mit düsteren Untertönen. Ein Erstlingswerk so 'überragend und außergewöhnlich, dass man es nie wieder vergessen wird' (The Guardian). Haarwuchsmittel- und Perückenverkäufer Alistair Berg erfährt den Aufenthaltsort seines Vaters, der ihn und seine Mutter früh verlassen hat. Ohne seine Identität preiszugeben, mietet sich Berg in das kleine Hotelzimmer neben dem seines Vaters und dessen Geliebten ein. Dort beginnt er, den Mord an seinem Vater zu planen. Verführung und Gewalt folgen, doch nicht ganz so, wie Berg es beabsichtigt hat ... Ann Quin lässt den Leser in die Psyche Bergs eintauchen und verwischt dabei Realität und Illusion.

Ann Quin (1936-1973) galt als eine der begabtesten und originellsten britischen Avantgarde-Schriftstellerinne der 1960er-Jahre. Nach ihrem Debutroman Berg (1964) veröffentlichte sie drei weitere Romane. Ihr experimenteller Stil verbindet die Welten von Virginia Woolf, Kathy Acker und Chris Kraus. Im Alter von 37 Jahren nahm sie sich in ihrem Geburtsort Brighton das Leben. Conny Lösch lebt in Berlin und hat unter anderem Bücher von Greil Marcus, Jon Savage, Don Winslow und Ian Rankin übersetzt.

Das Fenster war getrübt von für die Jahreszeit untypischem Sprühregen. Über dem Meer, mit Blick auf die Stadt, wälzt sich ein Körper auf einem quietschenden Bett: ein Fisch ohne Flossen, platter Kopf, weiße Schuppen, eingepfercht in ein Zimmer am Gang – nur selten von der Sonne in seinen Abmessungen berührt – Alistair Berg, Haarpfleger, krumme zusammengewachsene Zehen, angespannt zwischen Herz und Uhr, Knabbereien im Halbdunkel, dazu Gelächter aus dem Tanzlokal gegenüber. Soll ich noch mal hin, mir eine andere suchen? Selbst ein Dutzend wäre kaum befriedigend; Trost in der Selbstbefriedigung, pornografische Bilder hängen an Zweigen des Gehirns. GESUCHT wird ein daunenweiches, fröhliches Singvögelchen zum Flachlegen, und den Rest vergessen. Eine Woche in einer fremden Stadt verbracht, trotzdem keine weiteren Fortschritte – den Alten noch nicht mal angesprochen, und nach all den Jahren, den Versprechungen, Plänen, bleibt das fantasiereich Angestrebte so statisch wie ein Traum von gestern. Eine saubere Messerklinge schneidet in die Wand, die mich von ihnen trennt. Oh ja, ich habe dich mit ihr gesehen – mit der, die jetzt dein Leben mit dir teilt, dich befummelt, wegen dir weint oder lacht. Begegnung auf der Treppe, zunächst feindselige Blicke, dritter Tag: Wiedererkennen. Ein neuer Pensionsgast, wir wollen ihm uns von unserer besten Seite zeigen. Guten Morgen, schönen Tag auch. Guten Tag, kalt heute. Sein Arm bei ihr eingehakt. Berg nickte, als sie vorübergingen, deutete ein Lächeln an, kultivierte die geheimnisvolle Ausstrahlung von einem, der so tut, als wollte er unbeteiligt bleiben, anonym. Hinterher hallte ihr Gelächter zu ihm herüber, zog Risse in Wände, spaltete seine Tür; noch später vibrierte die Trennwand, während er auf dem dünnen Streifen Teppich zwischen Kleiderschrank und Bett auf und ab ging, und hin und wieder den schmalen Bogen gespiegelt sah, der sich entschieden hatte, seinen Mund darzustellen. Berg kramte unter der Matratze und zog einen mit Bier verfleckten Zeitungsartikel hervor, betrachtete das kleine Foto.